© Sandra Holte

Unterwegs auf dem E4

Wandern auf Kreta

13.11.2016

Nach der Fernreise im vergangenen Jahr, sollte der diesjährige Urlaub nicht ganz so sehr zu Buche schlagen. Für einen Sonnenanbeter und Meerliebhaber wie ich es bin, kamen da gar nicht so viele Ziele in Frage. Ende Oktober/Anfang November herrscht in den meisten europäischen Reisezielen doch verstärkt Regen und auch das Meer ist oft nicht mehr warm genug, um Frostbeulen wie mich zum baden zu bewegen.

Nach intensiver Analyse (10minütiger Vergleich der Sonnenstunden und Wassertemperatur) war die Entscheidung gefallen: Kreta sollte es diesmal werden. Auch die bergige Landschaft war ein großer Pluspunkt für die Mittelmehrinsel – und auf Sizilien war ich schließlich schon. 😉

Nachdem Flug und Unterkunft dank skyscanner.de und Expedia schnell gefunden waren, beschäftigte ich mich mit dem Freizeitangebot vor Ort. Ein Radverleih war schnell gefunden, doch die Infos zum Wandern waren recht diffus. Ein Wanderführer musste also her. Ich entschied mich, den des Michael Müller Verlags zu kaufen und lieh mir später zusätzlich den Rother beim DAV aus. Die Schwierigkeitseinstufungen sind in der Regel für Nichtwanderer, weshalb ich meist die wirklich harten Touren raussuche, um auf meine Kosten zu kommen. So sollte es auch diesmal sein. Nachdem sich die Anreise zum Gipfel des Psiloritis zu umständlich gestaltete und die Temperaturen dort oben (es geht immerhin auf gute 2.500m) weniger meiner Komfortzone entsprechen, sollte es eine Küstenwanderung auf dem europäischen Fernwanderweg E4 werden.

Die Anreise zum Startpunkt in Chora Sfakion (Sfakia) von Rethymnon im Norden aus erfolgte mit dem Bus (Umstieg in Vrisses). Nach etwa 2 Stunden (mit Wartezeit in Vrisses) zum Teil spektakulärer Fahrt konnte es dann endlich losgehen. Der erste Teil der Wanderung verläuft zunächst auf einer wenig befahrenen Straße bevor der Weg dann auf einen Küstentrail führt. Diesem folgt man zum malerischen Fischerdörfchen Loutro, das ausschließlich per Pedes oder mit dem Boot zu erreichen ist. Unterwegs passiert man wunderschönen Sweetwaterbeach. Buddelt man dort wenige Zentimeter tief stößt man direkt auf Süßwasser, das angeblich sogar Trinkwasserqualität hat. Ein wirklich tolles Phänomen so nah am Meerwasser!

Von Loutro führt der Weg dann lange über eine strauchige Ebene bevor es hinunter an einen schwarzen Kiesstrand geht. Nach weiteren 4 Kilometern ist das Zwischenziel Agia Roumeli am Ausgang der berühmten Samaria Schlucht erreicht. Außerhalb der Hauptsaison war es sehr einfach spontan ein günstiges Zimmer zu bekommen. Essenstechnisch empfiehlt sich die Taverna Rousios – besonders Vegetarier kommen hier auf ihre Kosten (die veg. Moussaka ist ein Traum).

Da man Ende Oktober auch auf Kreta nicht mehr ganz so lange Tageslicht hat, musste die nächste Touretappe zwingend mit dem Sonnenaufgang starten. Die angeblich härteste Etappe des E4 führt auf gut 18 Kilometern und 1.400 HM von Agia Roumeli nach Sougia. Das Schöne und gleichzeitig Fiese: Es gibt unterwegs keine Anlaufpunkte, keine Tavernen, Brunnen, etc. Aus diesem Grund muss unbedingt ausreichend Wasser mitgenommen werden. Ich schleppte also brav – wie überall empfohlen wurde – meine 5 Liter Wasser mit. Da ich meist nicht so sehr schwitze und die Temperaturen trotz knallender Sonne für mich gut auszuhalten waren, brachte ich letztlich 1,5 Liter mit nach Sougia. Aber lieber zu viel als zu wenig mitnehmen!

Die Etappe startete mit einem steilen und langen Anstieg über Ziegenpfade. Am höchsten Punkt angekommen geht es über einen Sattel und durch einen Wald hinab zum Domata Strand. Dieser schwarze Sandstrand ist mit seinen steil abfallenden hellen Felsen ein herrlicher erster Stopp. Nachdem dortigen Frühstück (ich entschied mich für Bananen, Käse und Reiswaffeln nebst der Dauerverpflegung Studentenfutter) muss das Kiesbett einer Schlucht gequert werden bevor der Weg wieder etwas ansteigt und parallel der Küste entlang führt. Nach etwa fünf Stunden Gehzeit folgte mein persönliches Highlight der Tour: Die doch recht lang andauernde Schlüsselstelle der Etappe. Auf mehreren hundert Metern geht es stets doch recht steil nach unten und die Hände kommen regelmäßig zum Einsatz. Sehr fein! Aufgrund dieses Abschnitts und der nicht zu unterschätzenden Gesamtlänge wird die Tour ausschließlich erfahrenen Wanderern empfohlen. Die meisten Beschreibungen sollen vor allem Unerfahrene abschrecken; mich sprachen sie geradezu an. 🙂 Dennoch würde ich sagen, dass mit Trittsicherheit und Schwindelfreiheit diese Etappe auch von weniger Erfahrenen gut gemeistert werden kann.

Auf diesen Tourenabschnitt folgt ein weiteres Highlight. Es geht über den Sedoni Beach direkt am Meer entlang über diverse Felsen. Wem es zu heiß ist, der kann sich direkt im Wasser abkühlen. Nach diesem tollen und abwechslungsreichen Abschnitt geht es hinein ins Landesinnere. Zunächst der Tripiti Schlucht folgend, dann links (steil) zu einer kleinen Kapelle aufsteigend. Die Kapelle selbst erreicht man nur über einen weiteren Zubringer, den ich jedoch nur bei ausreichend Sonnenlichtm also z.B. im Mai/Juni, empfehlen würde. Über den Sattel gelangt man zu den Ruinen einer venezianischen Festung. Ab dort führt der Weg wieder durch ein bewaldetes Gebiet hinab. Landschaftlich folgt nun ein Teil, der mein Trailrunnerherz höher schlagen lässt. Zu schade, dass ich nicht die richtigen Schuhe unter meinen Füßen und wahrlich nicht den idealen Rucksack hierfür habe. Wobei ich rein konditionell wohl eher nur noch zum traben zu gebrauchen war. Nach dem Abstieg schlängelt sich der Weg etwas abseits der Küste und mit nicht mehr allzu heftigen Steigungen Richtung Sougia. Doch es zieht sich!

Nach 11 Stunden Gehzeit bleibt doch noch etwas Sonnenlicht um einmal kurz baden zu gehen und die Strapazen des Tages hinfort zu waschen. Auch in Sougia lässt sich problemlos eine hübsche und nicht allzu teure Unterkunft finden. Sogar eine Strandbar mit Kamin gibt es dort. Das ist alles, was mein müder Körper sich wünscht – denn nachts wird es doch etwas frisch und ich habe nur das nötigste an „Alltagskleidung“ eingepackt. Bevor es am nächsten Morgen mit der Fähre zurück geht sollte man unbedingt am Kiosk vorbeischauen, wo es auch die Bustickets zu kaufen gibt. Dieser Kiosk hat nämlich eine tolle Auswahl an Gebäck, Kaffee und (wie fast überall auf Kreta) frisch gepressten Orangensaft.

Die Fähre bringt mich zurück nach Agia Roumeli. Anstatt jedoch hier 1 Stunde auf die Weiterfahrt zu warten, zieht es mich in die berühmte Samaria Schlucht. Auch hier gibt es einen wunderschönen Wanderweg, der in die Weißen Berge (Lefka Ori) hinauf führt. Da dort jedoch der letzte Bus bereits am frühen Nachmittag fährt, kann ich diese Wanderung nicht machen und luge stattdessen nur etwas in die Schlucht hinein. Um genau zu sein bis zu den Eisernen Pforten. An der engsten Stelle sind die Felswände nicht einmal vier Meter voneinander entfernt! Zu dieser Stelle ist es von Agia Roumeli aus etwa eine Stunde Fußmarsch. Danach geht es noch ein wenig weiter hinein. Da das nächste und letzte Boot allerdings um 17 Uhr abfährt und noch etwas Entspannung am Strand eingeplant ist, gehe ich nur noch bis zum Rastplatz bei Metamorphosis. Auch ein Ranger ist dort mit seinem Pferd unterwegs. Nachdem am Brunnen die Wasservorräte nochmals aufgefüllt wurden geht es auf dem selben Weg wieder zurück und an den dunklen Sandstrand von Agia Roumeli, wo ich auf die Fähre nach Sfakia warte.

Alternativ wäre die Rückfahrt auch mit dem Bus ab Sougia möglich gewesen…doch die Bootsfahrt (oder besser zwei) wollte ich mir nicht nehmen lassen!

Eine weitere schöne Wanderung, die perfekt als Trailrun absolviert werden kann, ist übrigens die Rundtour durch die Mili Schlucht bei Rethymnon aus dem oben erwähnten Wanderführer.

Hier noch einmal die wichtigsten Fakten zu den beiden Tagesetappen auf dem E4:

Tag 1
Start: Chora Sfakion (Sfakia)
Anreise: Bus ab Chania oder Rhetymnon, vgl. Webseite
Zwischenziel: Agia Roumeli via Loutro
Länge: 21 km, ca. 800 HM
Gehzeit: ca. 8 Stunden
Markierung: E4 Stangen, gelb-schwarze Striche, Steinmännchen
ACHTUNG: kaum Schatten unterwegs
Übernachtungstipp: Taverna Tarra
Einkehrtipp: Taverna Rousios

Tag 2
Start: Agia Roumeli
Ziel: Sougia via Domata Beach
Rückfahrt: Fähre nach Sfakia, vgl. Webseite
Länge: 18 km, ca. 1.400 HM
Gehzeit: 11 Stunden
Markierung: Steinmännchen, gelb-schwarze Striche, E4 Stangen und Schilder
ACHTUNG: Keine Verpflegungsstellen, zum Teil sehr sonnig
Übernachtungstipp: Lissos

Unbedingt mitnehmen

  • Bargeld
  • Handy
  • Erste-Hilfe-Set
  • Kamera (od. Handykamera)
  • Wanderstiefel und -stöcke für Tag 2
  • Bikini / Badehose
  • Verpflegung, Wasser
  • GPS-Gerät