Editorial

150 Jahre Sektion Schwaben – Vorbereitungen für die Zeit danach

Liebe Sektionsmitglieder, liebe Bergfreundinnen und Bergfreunde,

wenn Sie diese Ausgabe unseres Schwaben Alpin in den Händen halten, ist der größte Teil des Jubiläumsjahres bereits vergangen. An vielen Stellen konnten Sie miterleben, was die Sektion Schwaben in den 150 Jahren ihres Bestehens bewegt hat, und vielleicht hatten Sie die Möglichkeit, an der einen oder anderen Jubiläumsveranstaltung teilzunehmen.

Im Fußball heißt es „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel”. Ähnliches gilt für uns. Auch wenn das Jubiläumsjahr vorbei ist, bleibt uns eine weiterhin wachsende und sich ständig wandelnde Sektion. Und damit jede Menge operative Aufgaben, die getan werden wollen. Das Ausbildungsprogramm für das Jahr 2020 ist fertig und im Zuge dessen haben sich einige Veränderungen ergeben. Wir haben eine neue Reiserichtlinie verfasst, die die Veränderungen im europäischen Recht berücksichtigt. Und wir haben uns dafür entschieden, künftig keine Flugreisen mehr anzubieten. Als eine dem Umwelt- und Naturschutz verpflichtete Organisation können wir Flugreisen in Zeiten der Klimaerwärmung nicht weiter bewerben. Die Planungen für das Programm 2020 waren zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits abgeschlossen, daher können für das kommende Jahr noch vereinzelt Angebote gebucht werden, die eine Anreise mit dem Flugzeug beinhalten. Künftig überlässt die Sektion Schwaben es ­jedem einzelnen Mitglied, sich privat für oder gegen das Fliegen zu entscheiden. Im Zusammenhang mit Sektionsveranstaltungen wird es keine organisierten Flüge mehr geben.

Eine weitere große Aufgabe ergibt sich aus der Entwicklung der Mitgliederzahlen. Die Sektion Schwaben wächst weiterhin stark, daraus ergeben sich laufend neue Aufgaben. Aktuell wachsen wir bei den jüngeren Mitgliedern sehr schnell, was insbesondere den Bedarf an Angeboten für den Bergsportbereich erhöht. Wir stehen vor der Herausforderung, dass wir zahlreiche neue Gruppenleiter, Kursleiter und Trainer benötigen, um den Bedarf an qualifizierter Ausbildung zu bedienen. Gleichzeitig erleben wir, dass die Bereitschaft zu ehrenamtlicher Tätigkeit tendenziell sinkt, was die Suche nach Unterstützung zusätzlich erschwert. Wir haben also an sich die schöne Situation, dass viele Mitglieder Interesse an Angeboten der Sektion haben. Diese Angebote der großen Zahl an Mitgliedern bereitzustellen, ist allerdings alles andere als leicht. Insofern will ich gerne an dieser Stelle nochmal einen Aufruf zur Mitarbeit in der Sektion starten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie viel Freude ein Engagement im DAV macht und dass der Einstieg leichter ist als gedacht.

Ihnen allen wünsche ich einen schönen Herbst und einen guten Start in den Winter. Für viele von uns folgt jetzt der etwas ruhigere Teil des Jahres. Genießen Sie die Zeit und bleiben Sie gesund!
Viel Freude mit dem vorliegenden Schwaben Alpin wünscht

Ihr Frank Boettiger

Sozialpraktikum – Tim Peinkofer

Hallo, mein Name ist Tim Peinkofer und ich bin 15 Jahre alt. Im Rahmen des Sozialpraktikums meiner Schule war ich eine Woche bei der Sektion Schwaben des DAV beschäftigt. In der Geschäftsstelle durfte ich dem netten Team über die Schulter schauen.

Beispielsweise wurde mir vermittelt, wie Kletterausfahrten organisiert werden. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Verwaltung des Leihmaterials, wie z.B. Helme und Klettersteigsets. Meine Hauptaufgabe allerdings bestand darin, Kinder- und Jugendklettergruppen im Kletterzentrum Stuttgart zu begleiten. Im Vorfeld habe ich kleine Trainingseinheiten vorbereitet. Bei der Gruppe Löwenzahn waren es zwei Dinge, die dem Trainer wichtig waren: Wir trainierten im Boulderbereich effizientes Klettern mit technischem Schwerpunkt des richtigen Tretens und Greifens der Griffe. Und da der Spaß nicht zu kurz kommen soll, haben wir immer mit lustigen Aufwärmspielen begonnen. Es hat mir viel Freude gemacht, eine Woche mit anderen Kletterbegeisterten zu verbringen. Ich könnte mir daher gut vorstellen, die Ausbildung zum Jugendtrainer zu machen. Vielen Dank an alle, die mir diese tolle Woche ermöglicht haben.

Tim Peinkofer

Alpenverein geht gegen Bettwanzen in die Offensive

Der boomende Tourismus macht’s möglich: Bettwanzen sind weltweit auf dem Vormarsch – und zwar umso mehr, je weniger darüber geredet wird. Denn für effiziente Gegenmaßnahmen müssen alle Bescheid wissen und zusammenarbeiten. Sowohl Gastgeber als auch die Gäste.

Denn Bettwanzen kommen grundsätzlich dort vor, wo sich viele Menschen aufhalten. Sauberkeit spielt dabei keine Rolle. Berghütten sind allerdings wegen der vielen Ecken, Ritzen und Spalten sehr geeignete Lebensräume für die kleinen Parasiten. Die Verbreitung der Tiere erfolgt über befallene Gegenstände. Ohne es zu bemerken, tragen Bergsteigerinnen und Bergsteiger Wanzen in ihren Rucksäcken von Hütte zu Hütte. Die Blutsauger übertragen keine Krankheiten, für den Menschen sind sie nicht gefährlich. Allerdings jucken Wanzenstiche und rufen individuell sehr unterschiedliche Hautreaktionen hervor.

Jeder von uns kann dabei helfen, dass sich Bettwanzen nicht unkontrolliert weiterverbreiten oder sogar in die eigenen vier Wände eingeschleppt werden. Folgendes können Sie dafür tun:

  • Nehmen Sie verschließbare Beutel zur Aufbewahrung des Rucksacks innerhalb der Hütte mit
  • Verschließen Sie Ihren Rucksack in der Hütte grundsätzlich und bewahren Sie ihn in größtmöglicher Entfernung zum Schlafplatz auf (z.B. an Kleiderhaken, auf Stühlen)
  • Bewahren Sie getragene Wäsche fest verschlossen in einer Plastiktüte auf, damit die Bettwanzen nicht von den menschlichen Duftstoffen angelockt werden
  • Suchen Sie mögliche Verstecke im Zimmer vor der Übernachtung nach Bettwanzen und Kotspuren ab
  • Sollten Sie Bettwanzen entdecken, informieren Sie sofort die Hüttenwirtsleute und fragen nach der Möglichkeit eines anderen Schlafplatzes
  • Kontrollieren Sie durch Ausschütteln und Absuchen Ihren Rucksack und Schlafsack immer auf Bettwanzen und deren Spuren, bevor Sie Ihr nächstes Ziel aufsuchen
  • Die Kontrolle von Rucksäcken sollten Sie am besten in der Dusche/Badewanne oder außerhalb der Hütte auf einer hellen Unterlage durchführen, damit Sie fliehende Wanzen besser erkennen
  • Finden Sie eine Bettwanze, zerquetschen Sie sie und bewahren das Insekt für eine mögliche spätere Bestimmung auf, falls Sie unsicher sind (in einem Glas, Zip-Beutel oder Taschentuch)
  • Informieren Sie sich bei den Hüttenwirtsleuten über mögliche Präventionsmaßnahmen in der Hütte.

Text: DAV Geschäftsstelle/Nina Ahrens

Quelle: Umweltbundesamt

Unsere Sektion in den Medien

SWR1 Thema Heute Podcast: Die neue Lust aufs Wandern

In einem knapp viertelstündigen Beitrag kam nicht nur unser Wanderleiter Matthias Kopp über das Wandern allgemein und im besonderen mit dem Deutschen Alpenverein zu Wort, sondern es wurde auch über die Jubiläums-24-Stunden-Wanderung von Nürtingen zum Stuttgarter Fernsehturm berichtet (siehe auch den Artikel „Wandern macht gesund und glücklich”).

„Wunderschön!”:  Tamina Kallert auf der Schwarzwasserhütte

Reisefreunde wissen es: Der WDR führt seine Zuschauer in seiner Reisesendung „Wunderschön!” zu den schönsten Ecken der Welt, zumindest Europas. Moderatorin Tamina Kallert war am 18. August im Kleinwalsertal zu Gast. Dabei besuchte sie auch unsere Schwarzwasserhütte und ließ sich von Hüttenwirtin Nicole Kinzel in die Kunst der Zubereitung eines Kaiserschmarrns einführen. Einschließlich des wichtigen Details, wo denn die Marmelade und wo der Apfelbrei hinkommt.

„Unsere schönsten Hütten”: Schwarzwasserhütte unter den Top 50

Das Buch von Sissi Pärsch „Unsere schönsten Hütten” (siehe unsere Bücherseiten) porträtiert die 50 schönsten Hütten aus dem Alpenraum – nebst hochwertigen Fotografien. Es porträtiert die Menschen und Geschichten, die hinter den heimeligen Zufluchtsorten stehen. Eines der Ziele der Redaktion war auch unsere Schwarzwasserhütte im Kleinwalsertal, die es mit ihrem Charme unter die Top 50 geschafft hat. Sie wird mit einem großartigen Winterbild vorgestellt – nebst der Spezialität der Wirtin: „Käseknödel”.

Dieter Buck

Unsere Hütten

90 Jahre Sudetendeutsche Hütte

Talfeier im Matreier Kesslerstadel

Am Freitag, den 19. Juli 2019, war es so weit. Das 90-jährige Jubi­läum der Sudetendeutschen Hütte begann mit einer geschichtsbezogenen Talfeier im Kesslerstadel. Der ist Teil eines ehemaligen Bauernhofes, seine Bausubstanz stammt aus dem 16. Jahrhundert und seit 1988 steht das obere Geschoss als Veranstaltungsraum zur Verfügung. Für die Feier war der vordere Raumteil mit der neuen Jubiläumsfahne geschmückt.

Gerhard Wanke, der Leiter der Regionalgruppe Sudeten konnte bedeutende Gäste begrüßen. So die Tiroler Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe, den Bürgermeister der Marktgemeinde Matrei, Dr. Andreas Köll, den Direktor der Nationalparkverwaltung Osttirol, DI Hermann Stotter, Anna Brugger, die Vorsitzende der OeAV-Sektion Matrei und Dr. Wilhelm Schloz, ehemaliger Vorsitzender und bei der Feier Vertreter der DA-Sektion Schwaben. Dazu Hartmut Otto und Helmut Hainzlmeier, die Vertreter der Hüttenpaten, den DAV-Sektionen Bad Hersfeld und Kelheim. Natürlich auch eine Reihe von Mitgliedern, die die weite Fahrt nach Matrei unternommen hatten.

Bei seiner Ansprache stellte – und beantwortete – Gerhard Wanke auch die Frage, warum die Zahl 90 gefeiert würde. Etwas verschmitzt legte er dar, dass vor einigen Jahrzehnten eine Gruppe damals junger Mitglieder besonders aktiv wurde und sukzessive Verantwortung für Sektion und Hütte übernahmen. Diese Gruppe hat jetzt das Alter von 70 bis 80 Jahren erreicht und befürchtet, in 10 Jahren vielleicht nicht mehr zur Hütte aufsteigen zu können. Darum wird das 90-jährige Jubiläum gefeiert. Wanke konnte auch ein Dankgeschenk – alkoholisch – an zwei Freunde aus der Einsatzgruppe der Hüttenarbeitswoche der Patensektion Bad Hersfeld überreichen. Der Hüttenwart Hannes Edinger und die Sektion Schwaben bedankten sich besonders herzlich bei Hartmut und Heinrich, die in diesem Jahr besonders fleißig und gekonnt den Ausbau der alten Küche bewerkstelligt haben.

Es folgten die Grußworte, die alle den Pioniergeist der Erbauer und die Kraft und Einsatzbereitschaft der relativ kleinen Sektion Sudeten anerkannten und lobten, die Sudetendeutsche Hütte zu errichten und über Jahrzehnte zu erhalten und weiterzuentwickeln. Doch hatte jedes Grußwort noch eine individuelle weitere Komponente. Bürgermeister Dr. Köll betonte den persönlichen Aspekt, sein Großvater Florian Köll war der Erbauer der Hütte und der erste Hüttenwirt. Frau Felipe als für den Naturschutz zuständige Landesministerin lobte die ökologischen Prädikate der Hütte (z.B. Umweltgütesiegel) und bat darum, auf dieser Schiene weiter durchzuhalten und Naturschutz immer wieder zu beachten. Wilhelm Schloz stellte eine Verbindung aus Gründerzeiten her, indem er darlegte, dass sich Johann Stüdl, der „Vater des sudetendeutschen Alpinismus”, und Theodor Harpprecht, der Gründer der Sektion Schwaben, auf dem Großglockner getroffen und danach immer wieder zusammengearbeitet haben. Zusätzlich freute sich Wilhelm Schloz darüber, dass die Sektion Schwaben mit der Übernahme der Sudetendeutschen Hütte nun auch „ein Bein im Nationalpark Hohe Tauern hat”. Heiner Dreßler, stellvertretender Leiter Regionalgruppe, verlas das Grußwort von Klaus Hoffmann, dem Landesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft Baden-Württemberg, der die Weitsicht des damaligen Sektionsvorstandes herausstellte, eine Weichenstellung für eine Hüttenzukunft mit Perspektive vorgenommen zu haben. Anna Brugger betonte die „Verwandtschaft” mit der Bonn-Matreier Hütte, die ja zwei Jahre später vom gleichen Baumeister erbaut wurde. Zudem strich sie die Wichtigkeit der Sudetendeutschen Hütte und der sie umgebenden Dreitausender für die Wanderfreunde der Sektion Matrei heraus.

Die Feier hatte auch eine musikalische Seite. Zu Beginn und zwischen allen Rede- und Präsentationsbeiträgen spielte Michael Käsbauer jeweils ein alpines Stück meisterlich auf seiner Harmonika.
Klaus Svojanovsky, ehemaliger Vorsitzender der DAV Sektion Sudeten und heute Traditionsbeauftragter in der Regionalgruppe, hatte eine Präsentation zur bewegten Geschichte der Jubilarin erarbeitet. Ein Extrakt dieser Hüttengeschichte wird in einer der nächsten Ausgaben erscheinen.

Die Patensektionen gaben dann noch bekannt, dass sie der Hütte eine Panoramatafel schenken werden, deren Standort jetzt am Jubiläumswochenende festgelegt wird und deren Errichtung 2020 erfolgen soll. Werner Friedel, der schon viele Jahre im Umfeld der Sudetendeutschen Hütte mit seinem Fotoapparat unterwegs ist, hatte für seinen Vortrag eine Bildfolge über die Hütte, viele der Anstiegs- und Verbindungswege und einige, teils wenig bestiegene Gipfel des Hüttengebietes zusammengestellt und bot interessante, unterhaltsame und manchmal überraschende Blicke auf die Hütte, die nahe Gebirgswelt und von den Gipfeln zu eigentlich bekannten Landschaften. Er erntete damit bei manchen Perspektiven ­Erstaunen beim Publikum. Ein weiterer Schwerpunkt waren seine wunderbaren Aufnahmen der Gebirgsflora. Für diesen visuellen Ausflug wurde er mit einem herzlichen Applaus bedacht.

Gerhard Wanke dankte vor dem abschließenden „gemütlichen Ausklang” der Feier allen Gästen für die herzlichen Grußworte, dem Musiker für sein hervorragendes Spiel und den beiden Referenten für ihre mit viel Liebe und reicher Kenntnis komponierten Vorträge. Er wies darauf hin, dass am nächsten Vormittag zur Hütte aufgestiegen wird, um das 90-jährige Jubiläum auch „vor Ort” zu feiern.

Klaus Svojanovsky

Fotos: Thorsten Friedel, Klaus Svojanovsky, Gerhard Wanke

Bergführer im Paznaun – Eine Beziehungsgeschichte

Die Bergtouristen wagten anfangs zumeist nicht, ohne einen ortskundigen Führer in die Alpen zu gehen. Als Führer verdingten sich Einheimische, die normalerweise ihren Lebensunterhalt als Bauern, Hirten, Senner, Träger oder Jäger verdienten und wussten, welche Wege zu den Gipfeln führten. Doch nicht nur ihre geografischen Kenntnisse, sondern auch ihr Orientierungssinn, ihr Wissen über Wetterverhältnisse und ihre körperliche Kraft waren für Bergtouren unerlässlich. Für die oft am Existenzminimum lebende Bergbevölkerung bot der Tourismusboom in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine unerwartete Einnahmequelle, sodass Führer und Träger vieles auf sich nahmen.

Bevor eine Tour startete, mussten Tarife und die zu tragende Gepäckmenge ausgehandelt werden. Trotz eigens engagierter Träger sollten die Führer einen Teil des Gepäcks oder bei Touren ohne Träger sogar das ganze Gepäck übernehmen. Immer wieder gab es Berichte, wie jenen von dem Forscher und Mitbegründer des Oesterreichischen Alpenvereins sowie später des Deutschen Alpenvereins,1 dem Wiener Paul Grohmann (1838–1908), der mit Trägern und Führern in den Karnischen Alpen unterwegs war: „Desshalb war auch der Träger bei uns der ein paar Kotzen2, eine Pfanne zum Kochen u. s. w. kurz einige Nützlichkeiten für das Bivuak zu transportieren hatte. Die Lebensmittel, das Nivellir-Instrument mit Stativ und einige andere Sachen fielen meinen beiden Führern anheim, das Barometer trug ich selbst.“3 Der Alpinist Julius Meurer (1838–1923) beobachtete, dass bei einer Hochgebirgstour in einer Höhe von etwa 2.700 Metern zwei junge Männer ihrem Führer etwa 30 Kilogramm schwere Reisetaschen aufgebürdet hatten. Meurer empörte sich über die „Gefühllosigkeit jener jungen Herren“, die aus Sparsamkeit „nur einen Führer genommen hatten“.4 Differenzen zwischen Führern und Touristen ergaben sich unter anderem während der Erntezeit oder an Sonn- und Feiertagen, weil den Führern ihre reguläre Arbeit oder der Kirchgang wichtiger war als die Betreuung von Bergtouren.5 Auch über einen angemessenen Lohn und über die Dauer und Gefährlichkeit der geplanten Besteigungen kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen.6 Bereits um 1865 bemühte sich der Oesterreichische Alpenverein deshalb um die „Regulirung [sic] des Bergführerwesens“ unter behördlicher Aufsicht.7 Der DAV wiederum nahm bei seiner Gründung 1869 den Punkt „Organisirung [sic] des Führerwesens“ in die Statuten auf.8

Organisatorisches

Zuerst sollten, wie beim Oesterreichischen Alpenverein seit einigen Jahren praktiziert,9 die Namen der Führer und die Tarife in der Zeitschrift des Deutschen Alpenvereins veröffentlicht werden.10 Ferner war eine Bergführerordnung geplant, die dann in Österreich von den Landesbehörden genehmigt und in Kraft gesetzt werden sollte. In Bayern waren die „Gemeinden bzw. Ortspolizeibehörden“ zuständig.11 Der Deutsche Alpenverein legte 1871 nach Absprache mit dem Oesterreichischen Alpenverein eine „Bergführer-Ordnung für Tirol“ vor, die auf den Statuten einer Führerordnung der Sektion Vorarlberg beruhte und von den Behörden genehmigt wurde.12 Sie umfasste 18 Punkte, die die Pflichten der Bergführer genau regelte. Die Führer mussten im amtlich überprüften Führerbuch alle Touren dokumentieren und von den Gästen bestätigen lassen.13 Bei Nichteinhaltung der Vorgaben konnte die Behörde dem Führer das Buch und damit die Autorisierung entziehen.14 Nach und nach übernahmen Sektionen in den anderen Kronländern von Tirol die Führerregeln für ihr jeweiliges Arbeitsgebiet.15

Ein weiterer wichtiger Punkt war eine gute Ausrüstung: Die Sektionen Hamburg und Prag16 statteten nach Rücksprache mit dem Zentralausschuss des Alpenvereins als Erste ihre Führer mit „Seilen, Pickeln, Karten und anderen Ausrüstungsgegenständen“ aus, später kam das Verbandszeug dazu.17 Andere Sektionen folgten ihrem Beispiel. Ende 1878 gab es eine „Führer-Unterstützungskasse“ für alte und invalide Führer sowie die Hinterbliebenen verunglückter Bergführer.18

Die Bergführer in den Ostalpen sollten bestimmte Standards erfüllen, weshalb der Deutsche und Oesterreichische Alpenverein ein- bis zweiwöchige Ausbildungskurse organisierte, erstmals 1881 in Innsbruck.19 Die Bewerber unterlagen strengen Auswahlkriterien: So musste man „mindestens zwei Jahre als behördlich legitimierter Träger gedient“ haben, dann galt man als „Führeraspirant“ und durfte den Führerkurs belegen. Nach erfolgreich bestandenem Kurs musste man sich noch eine Zeitlang als Aspirant „erproben“, um schließlich „die Autorisation zum Führer“ zu erhalten.20

Der Alpenverein förderte ab 1880 die Gründung von Führervereinigungen, deren Obmänner die Ansprechpartner für die Sektionen waren.21 Um die Bergführer von nichtautorisierten Touristenführern zu unterscheiden, führte der Alpenverein 1882 einheitliche Plaketten ein – die gut sichtbar zu tragenden Führerabzeichen.22 1892/93 gab es mit Zustimmung der Behörden eine erneuerte Bergführerordnung, die dem Alpenverein „einen wesentlichen Einfluss“ bei der Kontrolle der Bergführer und der Tarifgestaltung gewährte.23 Es war nun für den Alpenverein leichter, einem nicht genehmen Führer das Führerbuch und die Führerplakette und somit die Lizenz zu entziehen, was für jenen eine drakonische Strafe war und zumeist den beruflichen Ruin bedeutete.

Schließlich fasste die Generalversammlung 1902 den Beschluss, alljährlich von den Sektionen Führertage abhalten zu lassen, um offene Fragen zu klären, die Führerbücher und die vollständige Ausrüstung zu kontrollieren. Ferner prüfte ein Arzt die körperliche Fitness der Führer.24 Außerdem trete, so meinten die Organisatoren, „die Sektion mit den Führern“ dabei „in ein enges Verhältnis“ und behalte sie „fester in der Hand“.25

Beziehungen

Das Verhältnis Führer und Vereinsmitglieder war vielschichtig. Letztlich prallten zwei Welten aufeinander: hier die bürgerlich-wohlsituierten, oft akademisch gebildeten Städter, dort die Führer mit schulischer Grundausbildung aus den bäuerlich-handwerklichen Milieus der Alpendörfer.26 Besonders schwierig wurde es, wenn die Bergführer mit den Sektionen Tarife aushandelten. Dann gab es Klagen, wie jene aus München: „Es ist ja sehr schön, wenn die Geführten mit den Führern zufrieden sind, […] aber allzuviel ist auch hier ungesund. Es läßt die Führer entweder jede Achtung vor den Stadtleuten oder jedes Augenmaß für die eigene Leistung verlieren, macht sie überheblich und unbotmäßig, verführt sie zu Übertretungen der Führerordnung und erschwert die Arbeit der Sektion.“27

Doch je häufiger ein Bergsteiger mit demselben als zuverlässig erlebten Führer unterwegs war, umso vertrauter gestaltete sich oft das Verhältnis. Dann traten Sektionsmitglieder ihren Führern gegenüber nicht selten patriarchalisch auf. Regelrecht freundschaftliche Beziehungen pflegten der Alpen- und Arktisreisende Julius Payer und sein Führer Johann Pinggera oder Johann Stüdl und der „legendäre Thomas Groder“.28 Viele Alpinisten nahmen „ihre“ Bergführer für längere Touren in die Westalpen und auf Expeditionen mit.

Dr. Wilhelm Strauß und Gottlieb Lorenz

Über eine solche Beziehung geben knapp 140 Briefe Auskunft, die meisten verfasst von dem Bergführer Gottlieb Lorenz (1844–1911) aus Galtür bei Ischgl in Tirol.29 [Abb. 01] Er besaß außerhalb von Galtür im Weiler Wirl ein Gehöft, war Jäger und daneben Bergführer. Sein Bruder Ignaz und er gehörten zu den ersten von der Sektion Schwaben mit Führerbüchern ausgestatteten Führern im Paznaun, weil sie „tatsächlich internationale Führer genannt werden können und nicht nur für Tirol, sondern auch für die schwierigsten Schweizer Touren herangezogen werden“.30

Der Adressat der Briefe war einer von Gottlieb Lorenz’ „Stammkunden“, der Privatier Dr. Wilhelm Strauß (1838–1927). Der ehemalige Apotheker aus Mainz zog um 1874 nach Konstanz und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der dortigen Alpenvereinssektion, deren Geschicke er als erster Vorstand von 1886 bis 1888 leitete.31 [Abb. 02] Er pflegte enge Kontakte zu den Sektionen Schwaben und Vorarlberg und war Mitglied im Hütten- und Wegebauausschuss32 des Alpenvereins. Seine politischen Ansichten vertrat der überzeugte Demokrat mit Nachdruck: Er ließ sich bei der Reichstagswahl 1890 für die Demokraten als „Zählkandidat“ aufstellen, und zu bestimmten Anlässen wehte auf seiner Villa die schwarz-rot-goldene Flagge, wie das Konstanzer Volksblatt im Nachruf auf ihn betonte.33

Offensichtlich bahnte den Kontakt zwischen den beiden Männern Ignaz Lorenz (1847–1906) an, der jüngere Bruder von Gottlieb. Er schrieb am 1. Januar 1882 an Wilhelm Strauß, mit dem er wohl schon öfter in den Bergen gewesen war. Unter anderem schildert er mehrere Touren mit führenden Mitgliedern der Sektion Schwaben, die Strauß persönlich kannte, und zwar Finanzdirektor Renner, den späteren Sektionsvorstand, den Fabrikanten Schiedmayer sowie Oberamtsrichter Blezinger, dem künftigen Schriftführer. Ignaz Lorenz erwähnt schließlich, dass sein Bruder Gottlieb bei all diesen Touren zugegen gewesen sei und „jedem Turrist als Führer angeratten werden“ könne. Außerdem sei es künftig nicht nötig „die Voradelberger, mit ihren überspanten Tax“ zu engagieren, denn es gebe in Galtür genügend Führer. Am Ende bittet er Strauß um eine Empfehlung bei der Sektion Schwaben und preist Bruder Gottlieb sowie den „Gemsjäger“ und Führer Franz Pöll (1818–1914) als ausgesprochene Kenner der ganzen Gegend an.34 [Abb. 03]

Die Korrespondenz zwischen Gottlieb Lorenz und Wilhelm Strauß begann spätestens Ende 1882 nach einigen gemeinsam bestrittenen Touren. Gottlieb Lorenz spricht seinen Kunden in den Briefen ungewöhnlich vertraut mit „Lieber Freund Herr Straus“ an.35 Erst später nimmt er hin und wieder das distanziertere „Wohlgeboren“ in seine Anrede auf. Fast immer enden die Briefe mit „Ihr dankschuldiger“, was Ende des 19. Jahrhunderts eine weitverbreitete Brieffloskel war.

Das „Führerwesen“ ist hin und wieder Thema in den Briefen: So berichtet Gottlieb Lorenz von dem Gerücht, seinem Kollegen Zuderoll sei das Führerbuch genommen worden,36 was eine schlimme Strafe war, weil er damit keine berufliche Zulassung mehr besaß. Im Frühjahr 1886 mussten sich sämtliche Führer, auch jene aus St. Anton, in Pians versammeln und einen Führerobmann wählen, der für die Sektion der künftige Ansprechpartner sein sollte.37 Bei dem Treffen war die Sektion Schwaben mit dem Paznauner Führerwesen und den Tarifen ganz zufrieden. In späteren Jahren wirkten Ignaz und Gottlieb Lorenz selbst als Führerobmänner,38 die laut Sektion durchaus hart verhandelten: „Ein neuer Führertarif für das Paznaunthal wurde unter Überwindung mancher Schwierigkeiten ausgearbeitet.“39

Gottlieb Lorenz erzählt 1887, die Sektion Schwaben habe von den Galtürer und Ischgler Führern die Teilnahme am Führerkurs in Innsbruck verlangt.40 Vier Wochen später hält er fest, in „Insbruck sind wir nichts gescheider geworden, als Ehrenpreis haben wir Brüder jeder eine Laterne bekommen“.41 Der Kurs war dennoch wichtig, denn nur die erfolgreiche Teilnahme erlaubte es, das Führerzeichen zu tragen. Dies ließ jedoch lange auf sich warten, und Gottlieb Lorenz schrieb an Strauß, er befürchte, Herr Fischer aus Stuttgart habe es vergessen.42 Erst im Frühjahr 1889 bestätigte Gottlieb den Erhalt.43 [Abb. 04]

Der Galtürer Bergführer war für Wilhelm Strauß eine wichtige Bezugsperson, wenn es um die Beschreibung gemeinsam zurückgelegter Bergtouren ging. Strauß berichtete unter anderem mehrere Male in den Mittheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins davon.44 Vor deren Veröffentlichung ließ er sich von Gottlieb Lorenz die Route nochmals schildern, um sich seiner Angaben sicher zu sein.45

Im März 1886 zog Gottlieb Lorenz Wilhelm Strauß ins Vertrauen und schilderte ihm, gemeinsam mit elf weiteren Männern aus Galtür durch Verrat beim Schmuggeln erwischt worden zu sein.46 Nun bangte er sehr um sein Führerbuch, denn Führer mussten einen einwandfreien Leumund nachweisen.47 Er schrieb Strauß, falls die Sektion Schwaben ihn tatsächlich bestrafen wolle, „bitte ich Sie auch um ein gutes Wort beim Alpenverein“.48 So weit kam es allerdings nicht. Aus später geschriebenen Briefen geht hervor, dass es sich um Kaffeeschmuggel gehandelt hatte und allen Beteiligten eine Geldstrafe auferlegt wurde. Gottlieb Lorenz teilte schließlich im Herbst 1887 mit: „Heute hab ich die Kafe geschichte zahlen missen mit 97 fl 40 das tut mihr sehr weh.“49 Und mit viel Humor erzählte er später, er müsse „den Kafe noch fertig kochen“ und vier Tage lang in Landeck im Arrest seine „Sünde bisen“.50

Gelegentlich schickte Gottlieb Lorenz verschiedene Waren an die Familie Strauß in Konstanz, wie etwa Alpenrosen und einen Murmelpelz,51 Gemsbockhörner,52 einen ganzen Gemsbock,53 Gemszähne,54 einen Gemsbart,55 einen Hasen,56 ein lebendiges Steinhuhn57 und einen viel begehrten Spielhahn,58 auch Birkhahn genannt. Strauß suchte aber auch „Alterthümer“ und eine „Hellebarte“59 für Sohn Lukas. [Abb. 05 (Marchivum Mannheim, wird laut Herrn Buck weggelassen)] Ignaz Lorenz wiederum belieferte die Sektion Schwaben mit „alpinen Tieren“, wie „Gemse, Murmeltiere, Schneehühner und Spielhahn“, die dann präpariert das Vereinslokal schmückten.60 Damit konnten die Alpenbewohner nebenbei ein paar Kronen oder Mark verdienen. Dies zeigt, dass die Führer – die Brüder Lorenz waren sicher keine Ausnahme – nicht nur Tourenleiter und Kletterpartner waren, sondern auch Lieferanten von Naturobjekten und Antiquitäten, die das städtische Publikum damals schätzte.

Nicht nur als Führer, auch als Hütten- und Wegebauer sowie Hüttenwirte traten die Brüder Lorenz in Erscheinung.61 Sie waren bei der Suche nach geeigneten Bauplätzen wichtige Berater für die Sektionen Schwaben und Wiesbaden.62 1896 konnte die Wiesbadener Hütte eröffnet werden, ab 1898 war Ignaz dort der Hüttenwirt.63 [Abb. 06] Von nun an übernahm Gottlieb die von Ignaz seit 1883 betreute Jamtalhütte und bewirtschaftete sie jeden Sommer.64 Eine wichtige Hilfe war dabei Tochter Serafina (1877–1955), die er extra zum Kochenlernen nach Gaschurn geschickt hatte, damit es auf der Jamtalhütte eine qualifizierte Wirtschafterin für die Ansprüche des meist städtischen Publikums gab.65 [Abb. 07] Serafinas Heirat 1905 missfiel dem Vater, weil er von nun an „auf die Hütte zwei fremde Weibpersohnen brauche“, also fremdes Personal nötig war.66

Gottlieb Lorenz gewährte Wilhelm Strauß viele Einblicke in das Leben in Galtür. Der Konstanzer erfuhr, ob im Winter Lawinen abgegangen waren und welche Schäden es gegeben hatte, dass das Tal aufgrund der Maul- und Klauenseuche gesperrt war, von der großen Freude über die Geburt eines Kindes, von der Trauer über den an Masern gestorbenen Sohn August, den Stand der Viehpreise und ob das Heu über den Winter reichte. Wilhelm Strauß zeigte sich als väterlicher Freund, der die Familie Lorenz mit kleinen Geschenken für die Kinder, einem Hemd oder einem „Pfifli“, sprich einer Pfeife für Gottlieb, einem Bettanzug für seine Frau zu Weihnachten,67 Apfelsendungen und auch Geld in der Not unterstützte. Strauß wiederum erhielt mehrmals selbst gestrickte Strümpfe aus Galtür.68

Im Gegensatz zu diesem vertrauten Umgang entsprach das Verhältnis der Sektion Schwaben zu den beiden Brüdern dem Zeitgeist vor 1900: Die Sektion war der Arbeitgeber, sie übte die Kontrolle aus und legte Tarife und Hüttenpachten fest. Die Lebenssituation der Führer und Pächter in weit abgelegenen Alpenregionen war dabei so prekär, dass sie es sich nicht leisten konnten, durch Konflikte ihre Führerlizenz oder den Pachtvertrag zu verlieren. Die Sektion Schwaben war stolz darauf, „die bedeutendsten und meist bekannt gewordenen Führer“ Gottlieb und Ignaz Lorenz autorisiert zu haben.69

Andererseits war sie gegenüber den Bewohnern in Galtür fürsorglich und überheblich zugleich: Im Jahresbericht von 1890 heißt es, die Sektion habe wie „seit einer Reihe von Jahren“ den Schulkindern „eine Weihnachtsfeier ausgerichtet“.70 In der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Sektion ist dann zu lesen, durch die „Weihnachtsbescherung […] wurde jung und alt in Galtür große Freude bereitet und durch jährliche Wiederholung […] erreicht, daß die bis dahin übliche scheue Zurückhaltung namentlich der Gebirgsjugend gegenüber den Touristen einem zutraulicheren und freundlicheren Benehmen Platz machte. Wenn heute der Wanderer im Paznauntal mit einem frischen ‚Grüßgott‘ begrüßt wird, so ist die hauptsächliche Ursache dafür in den Galtürer Weihnachtsbescherungen zu suchen.“71 Die Sektionsmitglieder waren also der Meinung, die Bergbevölkerung durch Geschenke erzogen und ihr Manieren beigebracht zu haben.

Die zwiespältige Haltung der Sektion gegenüber den Alpenbewohnern ist an einem weiteren Beispiel erkennbar: „Unsere Jahresfeier am 20. März v. J. gelang es zu einer besonders glänzenden zu gestalten; schon die flotte Saaldekoration, die Jamthalhütte mit ihrer Umgebung in getreuer Abbildung wiedergebend mit dem trefflich modellierten Führer J. Lorenz im Vordergrund, schufen die richtige Stimmung.“72 Die Städter benutzten Ignaz Lorenz als folkloristische Staffage im fernen Stuttgart!

Die Briefe des Bergführers Gottlieb Lorenz zeigen zum einen die Professionalisierung der Führerorganisation durch die Sektionen, zum anderen belegen sie, wie sich engere Beziehungen zwischen städtischen Sektionsmitgliedern und Einheimischen gestalten konnten.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam es zu grundlegenden Änderungen: Das selbstständige führerlose Bergsteigen setzte sich endgültig durch. Die Berg- und Skiführer wurden nun zu „Lehrern“ für das führerlose Bergsteigen.73 Nach dem Zweiten Weltkrieg endete die Aufsicht der Sektionen über die Führer. Diese strebten die Unabhängigkeit vom DAV an. 1970 schließlich wurde der „Verband deutscher Berg- und Skiführer“ gegründet. Die Prüfungshoheit für die mittlerweile staatliche Prüfung hatte das Bayerische Kultusministerium, das diese Aufgabe an die Technische Universität München übergab.74 Damit waren die Bergführer vom DAV unabhängig.

DAS BUCH

Der Artikel wurde veröffentlicht in: Deutscher Alpenverein (Hrsg.): Die Berge und wir. 150 Jahre Deutscher Alpenverein. Prestel Verlag. Wir danken dem DAV, Frau Dr. Inge Weid, dem Verlag und den Bildgebern für die Abdruckgenehmigungen.

1 Nicholas Mailänder, Im Zeichen des Edelweiss. Die Geschichte Münchens als Bergsteigerstadt, Zürich 2006, 59, 62-65.

2 Raue Wolldecken, siehe „Kotzen, kutzen“ in: Andreas Schmeller, Bayerisches Wörterbuch, Bd. 1, München 2002 (Nachdr. der von G. Frommann bearb. 2. Ausg., München 1872–1877), Sp. 1317.

3 Paul Grohmann, „Aus den Carnischen Alpen“, in: ZsDAV 1869/70, 51–73, hier 70.

4 Julius Meurer, „Bekleidung und Ausrüstung des Fussreisenden im Gebirge“, in: MDuOeAV 1877, 204–211, hier 204.

5 Martin Scharfe, Berg-Sucht. Eine Kulturgeschichte des frühen Alpinismus 1750–1850, Wien u. a. 2007, 72–73.

6 Ebd., 74 u. 201.

7 Jahrbuch des Oesterreichischen Alpenvereins 1865, 349–350, hier 349.

8 ZsDAV 1869/70, 2. Abtlg., XI.

9 Jahrbuch des Österreichischen Alpenvereins 1866, 412.

10 ZsDAV 1869/70, 2. Abtlg., 28.

11 Johannes Emmer, Geschichte des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, in: ZsDuOeAV, 1894, 177-358, hier 352.

12 In Salzburg hatte es schon 1863 eine solche gegeben; ebd., 352.

13 ZsDAV 1871, H. 4, 585–586.

14 ZsDAV 1871, H. 4, 588.

15 Emmer 1894 (wie Anm. 11), 352.

16 Teilweise wurden Seile zum Selbstkostenpreis abgegeben. Jahresbericht der Section Hamburg d. DuOeAV, 1; Jahresbericht der Section Prag d. DuOeAV 1882, 3.

17 Emmer 1894 (wie Anm. 11), 353; MDuOeAV 1881, Nr. 4, 99; MDuOeAV 1882, Anhang, 51.

18 ZsDuOeAV 1878, 373–375.

19 ZsDuOeAV 1882, 472.

20 Johannes Emmer, Beiträge zur Geschichte des DuOeAV 1895–1909, München 1909, 33.

21 Emmer 1894 (wie Anm. 11), 353.

22 Ebd., 353–354.

23 Ebd., 352.

24 Emmer 1909 (wie Anm. 20), 34.

25 Anton Entreß, „Das Führerwesen“, in: Paul Dinkelacker, Geschichte der Sektion Schwaben des DuOeAV. Zur Feier des 50jährigen Bestehens, Stuttgart 1920, 140–142, hier 140.

26 Scharfe 2007 (wie Anm. 5), 66.

27 Georg Leuchs, Geschichte der Alpenvereinssektion München, Bd. 2: 1900–1930, München 1934, 371–372.

28 Anneliese Gidl, Alpenverein. Die Städter entdecken die Alpen, Wien u. a. 2007, 178.

29 Herrn Ottokar Groten, Singen, sei herzlich gedankt für die Bereitstellung der Briefe. – Die Briefe von W. Strauß fehlen. 125 Briefe von Gottlieb Lorenz, 11 Briefe von Ignaz Lorenz, 1 Brief von Johannes Grill. Näheres zur Familie Lorenz siehe: Thomas Parth, Balluner Chronik. Die Lorenz im Paznaun, o. O. 2005.

30 Dinkelacker 1920 (wie Anm. 25), 8.

31 Bergwelten. 125 Jahre Alpenverein Sektion Konstanz, Konstanz 1999, 8; Ottokar Groten, „Fraktionsführer der Ultramontanen: der Bergsteiger Dr. Wilhelm Strauß“, in: ebd., 20.

32 Emmer 1909 (wie Anm. 20), 41.

33 Konstanzer Volksblatt, 14.3.1927, zit. nach Monika Ryll, Lukas Strauß. Badisches Bürgertum im Kaiserreich (= Kleine Schriften des Stadtarchivs Mannheim 3), Mannheim 1996, 7–8.

34 1.1.1882; zu Pöll siehe: Entreß 1920 (wie Anm. 25), 141.

35 125 Briefe zwischen dem 25.11.1882 und dem 20.12.1907.

36 20.12.1884.

37 23.5.1886.

38 Jahresbericht der Section Schwaben des DuOeAV für das Jahr 1883, 1; Entreß 1920 (wie Anm. 25), 142.

39 Jahresbericht der Sektion Schwaben des DuOeAV für das Jahr 1895, 2.

40 25.2.1887.

41 23.3.1887.

42 5.4.1887.

43 23.4.1889.

44 Wilhelm Strauß, „Die Verwallgruppe“, in: MDuOeAV 1885, 19–21, hier Weg zur Kuchenspitze, 20–21.

45 28.9.1884.

46 18.4.1886.

47 18.4.1886; 23.5.1886.

48 18.4.1886.

49 22.10.1887.

50 28.12.1887.

51 25.11.1882.

52 15.11.1883.

53 30.10.1886.

54 25.12.1886.

55 22.11.1891.

56 19.12.1888.

57 20.5.1895; 13.6.1895; 16.11.1895.

58 23.5.1884.

59 23.5.1884; 20.12.1884.

60 Festschrift zur Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens der Sektion Schwaben des DuOeAV 1869 bis 1894, Stuttgart 1894, 16.

61 20.12.1896; Jahresbericht der Sektion Schwaben des DuOeAV 1897, 1–2.

62 „75 Jahre Jamtalhütte“, in: Nachrichten des Alpenvereins Sektion Schwaben 1957, Nr. 3, 1; 14.6.1894; 15.11.1894.

63 Jahresbericht der Section Wiesbaden 1899, 14.

64 18.3.1898.

65 20.12.1897; 18.3.1898; 6.11.1899.

66 1.11.1905.

67 15.2.1885; 28.12.1887; 29.12.1889; 25.12.1890.

68 20.12.1885; 18.4.1886; 22.10.1887; 9.7.1888.

69 Entreß 1920 (wie Anm. 25), 141.

70 15.1.1887; Jahresberichte der Section Schwaben 1886, 1887, 1889, 1890, 1891, 1892 und 1893.

71 Dinkelacker 1920, 11–12.

72 Jahresbericht der Section Schwaben des DuOeAV 1886, 2.

73 Alfred Siegert; „Maßstab für Qualität. Die Alpinausbildung im Deutschen Alpenverein“, in: DAV (Hg.), Aufwärts! Berge, Bergsteiger und der Deutsche Alpenverein 1945 bis heute, München 2007, 182-189, hier 184.

74 Ebd., 187.

Neues Dream-Team für das Harpprechthaus

Das Harpprechthaus liegt inmitten der abwechslungsreichen Landschaft der Schwäbischen Alb und ist ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in die Region. Doch diesen Sommer standen Besucher vor verschlossenen Türen – die Sektion Schwaben war auf der Suche nach geeigneten Pächtern.

Seit Oktober sorgen nun Manuel Rothfuß und Peter Misof für neuen Schwung in dem 1935 erbauten Haus. Die beiden bringen Erfahrungen als Gastwirt und in der Event-Gastronomie mit und möchten einen Schwerpunkt auf regionale Produkte und traditionell zubereitete Gerichte legen.

Wir wünschen viel Erfolg und freuen uns schon auf einen baldigen Besuch bei euch auf der Alb!

Nina Ahrens

Aktivitäten: Ideal für Wanderungen, Radtouren, Mountainbike, Höhlen, Klettern (Reußenstein, Kesselwand, Stellfels), Langlaufloipe ab Haus, Skilifte Pfulb, Donnstetten, Zainingen

Öffnungszeiten: Ganzjährig geöffnet

Kontakt/Reservierung: Telefon: 0152 34369586, info@harpprechthaus.com, www.harpprechthaus.com

Touren

Klettertreffen mit Beat Kammerlander

Vertikal im Rätikon

Am 19. Juli 2019 brachen wir auf, um ein verlängertes Wochenende im Rätikon zu verbringen. Anlässlich des 150-jährigen Bestehens des DAV-Sektion Schwaben wollten wir mit Beat Kammerlander einen der Großen der Kletterszene treffen. Beat ist bekannt durch schwerste Gebirgsrouten wie die „Unendliche Geschichte” oder „Silbergeier”.

Beide Routen wurden bereits in den 1990er Jahren erstbegangen und liegen im oberen 10. Schwierigkeitsgrad. In Beats Klettergebiet, dem Rätikon, sind wir ebenfalls Mehrseillängenrouten mit ihm begangen und von ihm einiges an Kletter-Erfahrungen mitbekommen, wenn auch nicht in ganz so schweren Routen. Los ging es zunächst frühmorgens in Stuttgart mit zwei vollbesetzten Fahrzeugen. Die Schwaben-Trainer Markus und Klaus haben uns bei Brand am Lünersee zunächst in das Thema Mehrseillängenklettern eingeführt.  Den ganzen Nachmittag konnten wir an leichten Routen unsere Kenntnisse im Standplatzbau, Sichern und Routenfinden verbessern.

Erstes Kennenlernen auf der Hütte

Am Abend steht dann endlich Beat am Treffpunkt vor uns. Entspannt lächelnd begrüßt er jeden der Gruppe per Handschlag und macht so gar nicht den Eindruck eines Menschen, der die schwierigsten Routen der Alpen bezwungen hat. Gemeinsam steigen wir zur Douglasshütte auf und genießen bei traumhafter Abendstimmung das gemeinsame Getränk auf der Terrasse. Natürlich klären wir erst die brennendsten Fragen, die man an einen so erfahrenen Kletterer haben kann. Beat wirkt leicht amüsiert und gibt bescheiden, aber ausführlich Auskunft. Man hat den Eindruck, sich schon länger zu kennen und schon öfters die eine oder andere Linie gemeinsam geklettert zu haben…

Zum Abendessen geht es dann an den eigens für uns reservierten Tisch in der Hütte mit Panorama-Aussicht auf See und Kirchlispitzen, an welchen wir am kommenden Tag die Nordverschneidung und auf Vorschlag von Beat auch die Berner Platte klettern wollen. Beides gemäßigte Touren mit acht Seillängen à 40 Meter. Die Schwierigkeiten zwischen 4. und 5. Grad sind allerdings deutlich über der letzten Sicherung gefragt. Auch müssen diverse Klemmkeile und Friends dazu gelegt werden, um die Sicherheit auf ein passendes Maß zu bringen. Hier wird morgen jeder auf seine Kosten kommen!

Eine Verschneidung wie ein offenes Buch

Mit klingendem Metall behängt, geht es los zur Nordverschneidung der dritten Kirchlispitze. Die Verschneidung baut sich unendlich groß vor uns auf und wirft schon die ersten Detailfragen auf. Wie kommen wir über das riesige und nach oben steiler werdende Firnfeld? Wo beginnt die erste Seillänge?

Nachdem Klaus das Seil über das harte nordseitige Firnfeld nach oben gelegt hat, beginnt Markus die ersten Seillängen vorzusteigen. Die Standplätze müssen teilweise selbst mit Klemmgeräten eingerichtet werden. Die Kletterer verschwinden bald ganz im Grund der Verschneidung, die wie ein offenes Buch riesenhaft dasteht und steil nach oben führt. Acht eindrückliche Seillängen bringen uns nach oben auf den Grat der dritten Kirchlispitze, von wo aus wir noch der zweiten Gruppe zusehen können, die Beat durch die Berner Platte nach oben führt.

Das Highlight der Tour

Beat hat einiges zu tun, um die nahezu ungesicherte Berner Platte so mit gelegten Zwischensicherungen auszustatten, dass eine Alpenvereinsgruppe hier heil durchkommt. Hinter Beat steigt Christian in der zweiten Seilschaft vor und zeigt sein Können. Bereits die dritte Seillänge wird schon zur Schlüsselstelle. Aus der Sicht des Albkletterers ist die Schlüsselstelle einen Schwierigkeitsgrad härter als angegeben. Die Tour wird sicherlich auch nicht oft wiederholt.

Beat ist schnell! Angekommen am nächsten Stand sieht man meist nur noch die langen Haare vor der Sonne um seinen Kopf wehen. Die letzte Seillänge ist das Highlight schlechthin! Es geht über eine perfekte Platte horizontal nach links. Eine tolle Querung! Absolut platt auf den ersten Blick, doch gibt es immer genau an den richtigen Stellen ein Schüppchen oder Loch zum Greifen. Aufregend, und am Ende der Seillänge sind auch wir oben am Grat angekommen.

Der Abstieg hat es in sich

Unsere Guides Klaus und Markus haben in der Zwischenzeit alle Mühe, die Querung zum Abstieg über den Gipfel zu finden, der den langen Weg hinunter ins Tal vermittelt. Dieser Abstieg ist ernst, denn es geht sehr alpin durch ein brüchiges Couloir. Außerdem ist es wie so oft – es beginnt auf der Schweizer Seite zu grollen und ein aufkommendes Gewitter kündigt sich an! Ein Gipfelfoto? Nein, das sich nähernde Gewitter treibt zur Eile an. Christian folgt der Bitte von Klaus, die Nachhut zu bilden und alle gelegten Sicherungen aus der Wand mitzubringen. Die Einsamkeit hier oben am Grat wird noch verstärkt durch das Grollen des heranziehenden Gewitters.  Angekommen am Grat bei den anderen, gibt es etwas Entwarnung, das Gewitter zieht hinter dem Seekopf vorbei. Dennoch beeilen wir uns und treten den Abstieg nun über einen Trittpfad vom Gipfel aus an. Beim Rückweg beginnt es zu regnen.

Noch lange sitzen wir mit Beat beim Abendessen zusammen und philosophieren über das Klettern, das Wetter und die schönen Erlebnisse und freuen uns schon auf die nächsten Touren und die Tricks beim Klettern, die wir am kommenden Tage von Beat lernen werden. Auf diese Weise haben wir das Klettern im Rätikon mit Beat auf spannende und schöne Weise besser kennen gelernt und fallen bald müde, erschöpft und glücklich ins Bett.

Text: Christian Räder, Klaus Berghold

Fotos: Beat Kammerlander, Klaus Berghold

INFO

Beat Kammerlander (* 1959 in ­Vorarlberg) zählt zu den weltbesten Sportkletterern und hat maßgeblich zur Entwicklung des Klettersports beigetragen, insbesondere im alpinen Gelände. Seine Erstbegehung „Unendliche Geschichte” aus dem Jahr 1991 im Rätikon ist die erste alpine Felsroute im oberen zehnten Grad. Darüber hinaus zählte seine Route „Silbergeier” (Schwierigkeit X+ (UIAA),1994) jahrelang zu den schwersten Alpintouren.

Auch als Sportkletterer war er sehr erfolgreich, so gelangen ihm mit „Speed” (XI-/XI) und „Missing Link” (XI) am Voralpsee in der Schweiz zwei äußerst schwere Routen. 2009 gelang ihm die Wiederholung seiner Route „Prinzip Hoffnung” aus dem Jahr 1997 ohne Verwendung von Bohr- oder Normalhaken, also clean. Eine seiner letzten Neurouten ist „Kampfzone” am kleinen Turm im Rätikon-Massiv (2017) deren Bewertung im oberen 10. Grad liegt.

Quelle: Wikipedia

Aussicht und Alpenrosen

Wandertage in Serfaus-Fiss-Ladis

Eigentlich sollte man ja jedes Jahr hierherkommen. Winters, sommers, mit Kindern, zum Skifahren, zum Wandern. Schafft man aber nicht. Aber zumindest alle paar Jahre mal, hierher in den Drei-Dörfer-Ort Serfaus-Fiss-Ladis im Tiroler Oberland.

Kleine Kinder – für die hier sehr viel getan wird – habe ich auch nicht mehr. Skifahren tue ich nicht – aber Wandern, und das in aller Ausgiebigkeit. Und so habe ich das Gebiet schon einmal kennen und lieben gelernt.

Serfaus-Fiss-Ladis – viel für den Besucher

Auf einem sonnigen Hochplateau über dem oberen Tiroler Inntal auf 1200 bis 1400 Metern Höhe gelegen, begeistern die drei historischen Dörfer Serfaus, Fiss und Ladis mit einer idyllischen Kulisse. Sie wurden schon mehrfach als familienfreundlichste Region der Alpen ausgezeichnet, hier findet man auch eine ganze Reihe Aufstiegshilfen sowie Berg(wander)ziele jeglicher Schwierigkeitsgrade.

Bergwandern ist hier ganz einfach. Es gibt eine Seilbahndichte, wie man sie sonst wohl kaum findet. Hier rauf, dort runter, dazwischen etwas marschieren, dann wieder anderswo rauf und noch woanders wieder runter. Seilbahnen sind hier quasi der Öffentliche Nahverkehr. Wie man anderswo Bus oder Straßenbahn fährt, um von A nach B zu kommen, so fährt man hier mit Aufstiegshilfen. Eine feine Sache, für Gäste kostenlos. Bergwanderer haben hier unendliche Möglichkeiten, Touren zu kombinieren, die sonst nicht machbar wären.

Auf dem Panoramaweg

Also hinauf. Nach der üblichen Gipfelstationinfrastruktur – für Kinder ein Paradies – ging es kurz durch Wiesen mit Orchideen, Wollgras und Glockenblumen, dann in den Wald. Und was für ein Wald! Ein kleines Bergsturzgebiet mit riesigen Felsbrocken und markanten, urig geformten Bäumen, die wohl schon einiges hinter sich haben. Man könnte fast sagen, ein Märchenwald. Man würde sich nicht wundern, tauchte ein Zwerg oder eine Elfe – oder gar eine Hexe? – aus der verwunschenen Natur auf.

Vorbei an Wässerchen, danach wieder durch blühende Wiesen und mit herrlichem Panorama; kein Wunder, war ich doch auf dem „Panorama Genussweg”: Die ganze Bergwelt auf der anderen Seite des Inntals war zu sehen.

Eine Viertelstunde später, und die Bergstation der Waldbahn war erreicht. Sie sollte ich heute noch einmal sehen. Kurz danach kam man wieder in den Wald – schattig zum Glück, muss ich sagen, obwohl es noch relativ früh am Morgen war. Aber schon recht warm und schwül. Der Wald hörte auf, und jetzt begann ein Traum: Der Weg schlängelte sich fast eben am Hang entlang, rechts ging es hinauf zum Gipfelkamm, links fiel es ab, ich war von blühenden Wiesen umgeben und irgendwo hörte man immer Wasser. Das Rauschen und auch die querenden Bächlein, dazu noch Wollgras und Schilf wiesen darauf hin, dass die Wiesen nass waren. Sie machten auf die nächste Besonderheit aufmerksam, den Waalweg.

Ein Waalweg wie im Vinschgau

Vor einem bauten sich die teilweise noch schneebedeckten Berge auf, eine Berglandschaft also wie geschaffen für den gemütlichen Wanderer. Es ging an einem Flurkreuz mit überdachtem Rastplatz vorbei und schließlich erreichte man fast die Bergbahnen von der Komperdellhöhe. Vorher noch ging aber links der Waalweg ab. Nun floss ein wild rauschender Bach neben dem Weg. In den Waldstücken waren weitere urige, uralte Bäume zu sehen: Die Natur zeigte, was in ihr steckt.

Über Buckelwiesen zu den Erdpyramiden

Durch eine Landschaft mit Buckelwiesen und vorbei an alten Heuschobern mit sonnenverbrannten Balken kam ich zum Leithe Wirt. Nun musste ich entscheiden: Entweder noch kurz geradeaus, dann weiter Richtung Serfaus durch die Wiesen oder doch runter nach Fiss und von dort durch die buckelige Wiesenlandschaft der Serfauser Wiesen zurück? Oder doch gleich runter nach Serfaus? Dafür entschied ich mich, die Serfauser Wiesen gibt es auch bei meinem nächsten Besuch noch.

Rechts des steilen Weges lag eine geologische Besonderheit: Erdpyramiden, wie man sie eher von Südtirol kennt. Gleiches Aussehen, gleiche geologische Geschichte.

Fehler beim Umsteigen

Danach stand ich vor den Talstationen der Bahnen. Und machte einen Fehler, den ich aber nicht bereute: Ich stieg in die falsche Bahn ein. Nicht schlimm – kost‘ ja nichts, dachte ich mir, als ich es, zu spät, merkte. Dafür konnte ich die Aussicht auf der Komperdellhöhe genießen. Und um die Sache voll zu machen, Zeit hatte ich ja, fuhr ich noch hinauf zum Lazidkopf. Hier war man den noch Schnee bedeckten Bergriesen schon recht nahe. Dann passte ich aber auf und fuhr, mit verschiedenen Bahnen, auf und ab, zurück ins Quartier.

Auf dem Alpenrosenweg

Alpenrosen haben ja immer einen schönen Klang. So wie Edelweiß und Enzian wecken sie alpine Sehnsüchte. Gut, dass Wanderführerin Karo vom Hotel Chesa Monte eine solche Tour anbot.  Da hörte ich mich nicht Nein sagen …

Und so fuhren wir also aufs Fisser Joch. Ein kleiner Steig führte noch etwas hinauf zum Schönjöchl. Die Aussicht „zum Finger abschlecken”. In allen Richtungen reihte sich Bergriese an Bergriese. Mächtige Wolkenungetüme machten die Blicke noch abwechslungsreicher.

Abwechslung boten aber auch die Skulpturen des Kunstwegs. Ich war ja drauf und dran den Weg wegen der vielen Paare, die dargestellt sind, in Liebespaarweg umzutaufen. Da es in dem Drei-Dörfer-Ort aber bereits einen „Weg der Verliebten” gibt, ließ ich es lieber sein. Hätte eh niemand auf mich gehört … Danach begann der Alpenrosenweg, ein schmaler Steig durch eine reiche Vegetation, Aussicht jetzt in Richtung Naturpark Kaunergrat.

Alpenrosen und Enziane

Die Alpenrosenblüte hatte wohl ihre Hochsaison bereits überschritten, aber es waren noch genügend zu sehen, Rostblättrige Alpenrosen übrigens. Dazu Gelbe Enziane. Später auf der Tour, beim Schlussabstieg, auch noch die blauen, die zu Unrecht die Schnapsflaschen immer zieren. Jedenfalls schlängelte sich der Weg bald mit leichtem Auf und Ab durch die dichte Vegetation und man konnte sich satt sehen an den Felsriesen im Norden.

Tja, und eigentlich viel zu schnell war dann doch ein Fahrweg erreicht. Auf ihm ging es dann weiter bergab zur Schöngampalm. Eine Einkehr war unvermeidlich, ein frisches, kühles Getränk ist halt doch etwas anderes als die Wasserflasche, deren Inhalt schon seit Stunden im Rucksack hin und her schwappte. Der eigentlich recht mühsame Aufstieg wurde mittels der Almbahn (Achtung: Sie fährt nicht immer!) „bezwungen”. Sie brachte uns in wenigen Minuten hinauf zum Zwölferkopf. Hier steht auf 2600 Meter Seehöhe ein silberner Würfel, der Crystal Cube (siehe Heftcover). Nicht gerade passend in die umgebende Natur, aber vielleicht gerade deshalb trotzdem eine Bereicherung. Gegensätze ziehen sich halt an.

Vorbei an vielen Stationen für Kinder ging es dann zurück zum Fisser Joch.

Dieter Buck

INFO

Tourismusverband Serfaus-Fiss-Ladis, www.serfaus-fiss-ladis.at

Wanderhotel Chesa Monte****, www.chesa-monte.com, mit Wanderberatung

Natur und Umwelt

TiefBlicke – Zusammengestellt von Wolfgang Arnoldt

Auf und Ab der Almwirtschaft

Wiese, Wasser und Wald geben eine Alm

Die Almwirtschaft prägt das Landschaftsbild großer Teile der Alpen. Der überwiegende Teil der Nordalpen wäre ohne Almwirtschaft ab einer Höhe von ca. 1500 Meter durchgehend bewaldet.

Neuste Forschungen zeigen, dass bereits im 5. Jahrhundert vor Christus die natürlichen Weideflächen oberhalb der Waldgrenze in den Alpen genutzt wurden. Auf jeden Fall ist aus der Entwicklungsgeschichte bekannt, dass der erste Mensch ein nomadisierender Jäger und Sammler gewesen war, bevor er sich später Tiere zulegte, die er domestizierte. In der Bronze- und Eisenzeit boten sich die Matten oberhalb des Waldes für die Viehhaltung geradezu an; damals war das Höhenklima milder als heute und die Täler waren häufig versumpft bzw. dicht bewaldet.

Die Almwirtschaft der frühen Tage hat zuerst die natürlichen Weiden der Waldlichtungen bzw. des über dem Wald liegenden Grüngürtels genutzt. Erst mit Zunahme der Bevölkerung im Alpenraum wandten sich die Menschen auch jenen Teilbereichen zu, die zuvor nicht landwirtschaftlich genutzt worden waren. In harter Rodungsarbeit wurden die mittleren und vorderen Talabschnitte in späterer Zeit urbar gemacht. Dies ganz besonders intensiv zum ersten Mal von ca. 500 bis 1250 n. Chr., vor allem für die Errichtung von Salz- und Erzbergwerken. Im Mittelalter wurde zum zweiten Mal stark ge­rodet. Diesmal mit dem Ziel, Wald in Weidefläche umzuwandeln. Eine Reihe von Urkunden beweist, dass bis ins 14. Jahrhundert ein reger Fortschritt der Rodungsarbeit zum Zweck der Gewinnung der Almen herrschte. So erlebte die Almwirtschaft im Spätmittelalter (14.–15. Jahrhundert) eine Blütezeit.

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war die Almwirtschaft die Säule der Viehwirtschaft. Unter dem Einfluss der Eisenindustrie begann aber eine Umkehr. Die landwirtschaftliche Nutzung bis in die Almregionen hinauf wurde von der weideeinschränkenden Waldordnung abgelöst. In Österreich stellte eine staatliche Kommission bereits 1887 fest: „Die Almweide ist ein wichtiges Fundament des Nationalvermögens und Volkswohlstandes”. Nach und nach kam es deshalb im gesamten Alpenraum zu Gesetzen zur Förderung und Verbesserung der Almwirtschaft. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es erneut zu einer intensiven Nutzung der Almgebiete, die jedoch Ende der 1960er- und in den 1970er-Jahren drastisch zurückging. Der Grund dafür lag vor allem im gesellschaftlichen Strukturwandel nach dem Zweiten Weltkrieg, der eine Abwanderung der Landarbeitskräfte mit sich brachte. Die Arbeitskraft wurde zum teuersten Produktionsfaktor, den Almen finanziell nicht tragen konnten. Außerdem passte die Almwirtschaft einfach nicht mehr zum damaligen Fortschrittsdenken.

In Österreich kam es zwischen 1952 und 1986 zu einem starken Rückgang der gesamten Almfläche: Die Almwaldfläche nahm um 27 % ab, die unproduktive Almfläche um 28 % und die Almweidefläche um 16 %. In absoluten Zahlen sind dies ca. 142000 Hektar Weidefläche. In den 1980er-Jahren kam es durch verschiedene Förderprogramme und das wiedergefundene Interesse von Seiten der Bauern zu einem neuen Aufschwung. Dennoch werden Almen teilweise sehr kritisch betrachtet. Vor allem in Nationalparks oder geschützten Gebieten ist das Verhältnis zwischen Naturschutz und insbesondere Viehwirtschaft nicht immer konfliktfrei. Doch ohne Almwirtschaft drohen große Flächen zu verwildern, wie Beispiele aus den französischen Alpen zeigen.

Die Einheit von Wiese, Wasser sowie Wald und deren gemeinsame Nutzung stellt nicht nur eine wertvolle Kulturlandschaft dar, sondern ist auch reich an biologischer Vielfalt. Trotz dieses anerkannt hohen Stellenwerts ist die Almwirtschaft nicht „über dem Berg”. Die Almwirtschaft ist durch den allgemeinen Rückgang der Viehhaltung gefährdet und kann trotz aller Unterstützung in manchen Bereichen heute nicht mehr flächendeckend erhalten werden.

INFO

Quelle: Almwirtschaft im Alpenraum; Universität Innsbruck 2009 Eibl j. und Kremer D.

Weitere Informationen: Almwirtschaft in Österreich; ­www.deacademic.com

Klimawandel bedrängt Natur der Alpen

Es wird eng für den Alpen-Mannsschild

Wenn sich das Klima in den nächsten 100 Jahren wie prognostiziert um drei Grad erwärmt, werden sich die Vegetationszonen auf der Nordhalbkugel um rund 600 Kilometer von Süden nach Norden und um 600 Meter in die Höhe verschieben. Mittelmeerwetter also im Sektionsgebiet?

Für manchen kein so unerfreulicher Gedanke, man stellt sich dabei schon die Palme im Garten vor. Viele Arten werden diese Wanderung auf natürliche Weise aber nicht mitmachen können; sie sind einfach zu langsam. Die meisten Gehölze breiten sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 100 Kilometer in 100 Jahren aus, viele Arten in den Alpen mit 50 Höhenmetern in 100 Jahren und einzelne Grasarten gar nur mit vier Metern in 100 Jahren.

Die „Flora alpina” zählt knapp 4500 Pflanzenarten in den Alpen, von denen etwa 500 endemisch, also nur örtlich begrenzt auftreten. Damit sind die Alpen die floristisch reichhaltigste Region Mitteleuropas. Wie in TiefBlicke bereits mehrfach berichtet, sind die Alpen aber auch am stärksten vom Klimawandel betroffen, weil die Klimaerwärmung hier um einiges höher ausfällt als im globalen Durchschnitt und damit die Auswirkungen gravierender sind. Laut aktuellen Modellen sind 45 Prozent der Arten in den Alpen bis 2100 vom Aussterben bedroht. Bereits auf dem Rückzug sind alle extremen Hochlagenarten, sogenannte Nivalpflanzen, wie etwa der Gletscherhahnenfuß oder der Alpen-Mannsschild. Deren Lebensraum wird sich bei weiterer Erwärmung durch nachrückende konkurrenzstärkere Arten weiter einengen. Beim ­Alpen-Mannsschild ist dies umso dramatischer, weil dieser nur in den Alpen vorkommt.

Aber auch Arten oberhalb der Waldgrenze an randlich niedrigeren Teilen der Alpen sind durch den Klimawandel gefährdet, darunter einige Felsenblümchenarten wie das Sternhaar-Felsenblümchen. Wenn die bestehenden Schutzgebiete in naher Zukunft nicht ausgeweitet und vernetzt werden und die Artenvielfalt außerhalb der Gebiete nicht wesentlich besser geschützt wird, werden viele dieser Arten aus den Alpen oder womöglich ganz verschwinden. Klimaschützende Maßnahmen sind das Gebot der Stunde. Deshalb gilt für uns alle: Einen Schritt weiterdenken und auch an die ökologischen Folgewirkungen dieser Maßnahmen denken. Wenn Agrarflächen für die Produktion biogener Treibstoffe intensiviert werden, wenn die letzten Alpenflüsse für den Ausbau der Wasserkraft ins Visier genommen werden, wenn neue Baumarten in die Gebirgswälder eingebracht werden oder wenn große technische Eingriffe zum Schutz vor Naturgefahren erfolgen, dann kann dies verheerende Folgen für Pflanzen und Tiere und deren Lebensräume haben. Die Natur ist einerseits vom Klimawandel massiv betroffen, andererseits leisten Naturschutzmaßnahmen neben positiven ökologischen Wirkungen auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Wiedervernässte Moorflächen speichern Kohlendioxid und wirken gleichzeitig als Wasserspeicher, sodass sie tiefer liegende Gebiete vor Hochwasser schützen. Auch die Aufweitung und Renaturierung von Alpenflüssen beugt Hochwasserschäden vor. Indem Wälder und Agrarflächen naturnah bewirtschaftet werden und alpenweite ökologische Verbundsysteme geschaffen werden, trägt der Naturschutz maßgeblich zum Klimaschutz bei. TiefBlicke ruft dazu auf, sich hierfür einzusetzen, denn je stabiler alpine Pflanzen- und Tiergesellschaften sind, desto eher können sie sich an die neuen Verhältnisse anpassen.

INFO

Quelle: CIPRA News; www.cipra.org/cc.alps-compacts

Weitere Informationen: www.gloria.ac.at

Naturparks in Baden-Württemberg

Tourentipp „Albsteig Schwarzwald”

Liebe Sektionsmitglieder, Sie wollen auch noch im Herbst draußen sein? Sie möchten die Geheimnisse der Natur entdecken, aber nicht so weit anfahren? Und Sie genießen sehr gerne regionale Küche, am liebsten direkt vor Ort? Dann sind Sie in den Naturparks von Baden-Württemberg genau richtig. Zur Auswahl stehen sieben Naturparks. Sie nehmen rund ein Drittel Baden-Württembergs ein. Zentrale Herausforderung der Naturparks ist es, den Naturschutz mit der lokalen Land- und Forstwirtschaft sowie der Nutzung als stark frequentierte Erholungsgebiete zu vereinbaren. Die Schönheit der Landschaften soll für alle Menschen ganzjährig zum Anfassen und Erleben da sein – auch für uns Alpenvereinsmitglieder.

Aus den vielen Möglichkeiten, die die Naturparks bieten und im Internet (siehe rechts) abrufbar sind, ist für uns Bergwanderer der „Albsteig Schwarzwald” geradezu prädestiniert. Wer auf dem Fernwanderweg Albsteig unterwegs ist, erobert 83 Kilometer und gut 2700 Höhenmeter Naturidyll zwischen Albbruck, Feldberg-Passhöhe und St. Blasien. Sportliche tun dies in nur vier, Genusswanderer in sieben Tagen. Doch gleich, wie lange der Weg ist: Die dunklen Schluchten, stillen Wälder und aussichtsreichen Höhen sind ideal, um die Seele in eine wilde Naturwiese zu legen und den Kopf mit frischer Waldluft zu fluten. Die grüne Albsteig-Raute weist den Weg. Trittsicher und gut ausgerüstet wie bei Bergwanderungen in den Alpen, sollte man sein. Wer auf moderne Technik nicht verzichten möchte, kann via GPS navigieren. Informationen zu Flora und Fauna, Geografie und Geschichte liefern 13 Thementafeln. Auf Wunsch sorgt ein Gepäcktransport von Unterkunft zu Unterkunft für unbeschwertes Wandern. Das lässt Zeit für zahlreiche Fotostopps, Badepausen wie am Wittenschwander Klosterweiher oder eine zünftige Stärkung in einem der vielen urigen Gasthöfe. Probieren Sie es aus! Informationen zu Anreise, Unterkünften, Sehenswürdigkeiten oder Kartenmaterial sind abrufbar unter: www.albsteig.de.

Alle Naturparks bieten im Internet weitere Touren an:

Neckartal-Odenwald: www.naturpark-neckartal-odenwald.de

Obere Donau: www.naturpark-obere-donau.de

Schönbuch: www.naturpark-schoenbuch.de

Schwäbisch-Fränkischer-Wald: www.naturpark-sfw.de

Schwarzwald-Mitte/Nord: www.naturparkschwarzwald.de

Stromberg-Heuchelberg: www.naturpark-sh.de

Südschwarzwald: www.naturpark-suedschwarzwald.de

Quelle: NaturparkNews 2/2019

Weitere Informationen: Magazin der Naturparke Ausgabe 2019; www.naturparke-bw.de

Kinder und Jugend

Bezirksgruppe Aalen – Jugend-Sportklettergruppe

Zug um Zug: Regionalbahn und Kletterfelsen

An Ostern sind die Klettermöglichkeiten noch beschränkt: In den Alpen liegt noch Schnee und so sucht man sich Alternativen in unseren Breiten. Und so kam es, dass wir feststellten, dass das Altmühltal auch über eine gute Zuganbindung verfügt. Leider sind die Felsen etwas davon entfernt. Also war klar: Auch die Fahrräder müssen mit zur Oster-Ausfahrt 2019 der JuSpo Aalen.

Gesagt, getan. Denkt man jedenfalls. Nach dem Besuch im DB-Reisezentrum erst einmal eine Enttäuschung: Unsere geplante Zugstrecke könne man nicht für neun Personen mit Fahrrad reservieren. Unsere Erfahrung sagte uns jedoch, dass es trotzdem klappen könnte. Doch auch beim Preis für die Personen- und Fahrradtickets gehört zum Bahnfahren noch eine größere Portion Idealismus: Preislich lohnt es sich nicht, war unsere Erkenntnis, nachdem wir den Automaten mit beachtlich viel Geld gefüttert hatten.

Wohin mit den Fahrrädern?

Karfreitag 2019: 7:35 Uhr am Aalener Bahnhof. Pünktlich fuhr die Regionalbahn nach Donauwörth ab. Entgegen der Auskunft am Schalter verluden wir problemlos unsere Fahrräder und die zahlreichen Gepäcktaschen und Rucksäcke in den Zug. Je näher wir dem Bahnhof Donauwörth kamen, desto spannender wurde es: Zehn Minuten Zeit zum Umsteigen mit Wechsel des Bahnsteigs. Hier wartete bereits eine andere Gruppe mit Fahrrädern am Bahnsteig, und als der Zug da war, stellten wir fest, dass dieser auch gut besetzt war. Irgendwie schafften wir es, die Fahrräder, das Gepäck in den Zug zu bekommen. Einige standen dabei das Fahrrad haltend im Mittelgang. Sicher nicht ganz ungefährlich bezüglich der Fluchtwege, doch wir hatten keine Alternative: Der nächste Zug wäre in zwei Stunden gefahren und vermutlich genauso voll. Nach einem weiteren Umstieg in Treuchtlingen in einen großen Zug mit geräumigen Fahrradabteilen hieß es: „Nächster Halt: Dollnstein, Ausstieg in Fahrtrichtung rechts”. Mit einem hervorragend koordinierten Entladungsverfahren verließen wir den Zug und machten uns voll bepackt mit Kletterzeug, Nahrungsmittel und Campingausrüstung auf dem Radweg nach Konstein.

Schlafen in der Hängematte

Unweit des kleinen Ortes liegt der idyllisch gelegene Jugendzeltplatz Urdonautal, dessen Betreuer Hans uns sehr herzlich empfing. Das Gelände mit Aufenthaltsraum hatten wir komplett für uns und so konnten wir vor dem Mittagessen gemütlich unsere Zelte und Hängematten aufbauen. Im Anschluss ging es an die Wände oberhalb von Aicha, wo wir bei schönstem Wetter in verschiedene Routen einstiegen, die meist recht lang waren und einen schönen Ausblick über das Tal, durch das vor Jahrmillionen einmal die Donau floss, ermöglichten. Vereinzelt mit einem leichten Sonnenbrand, aber doch froh über das für diese Jahreszeit warme und stabile Wetter, kehrten wir zum Zeltplatz zurück.

Eine große Menge Nudeln mit Tomatensoße mit Salat kochten wir in der gut ausgestatteten Küche und konnten bequem draußen essen, bevor es zum Lagerfeuer ging, begleitet von mehr oder weniger schiefen Klänge der Ukulele.

Einige entschieden sich nachts gegen das Zelt und für die Hängematte. In weiser Voraussicht hatten wir auch zwei Zeltplätze zu wenig eingeplant, denn schließlich war das gute Wetter absehbar und zur Not hätte es ja auch noch den Aufenthaltsraum gegeben.

„ … das macht man im Restaurant auch so”

Nachts war es zwar kalt geworden, doch ab Sonnenaufgang hatte die Sonne das Wettergeschehen wieder voll im Griff. Wir frühstückten gediegen und machten uns dann mit den Rädern auf den kurzen Weg zum Kletterfelsen Lucky Luke.

Im Vergleich zu gestern überraschte uns dieser mit kurzen Hakenabständen und nur wenig verspeckten Touren. Auch heute kam das Ausprobieren an schweren Touren nicht zu kurz und im angenehm schattigen Wald konnte man schön entspannen. Davor nutzte eine dreiköpfige Einkaufsgruppe noch ihre Gepäcktaschen und machte sich auf den Weg in den Supermarkt, um Proviant nachzukaufen.

Zurück am Zeltplatz, begannen wir mit dem Kochen. Heute sollte es Reis mit Gemüsepfanne und Apfelstrudel zum Nachtisch geben. Vom Apfelstrudel fiel leider einer vom Backblech auf den Boden, wurde aber sofort wieder aufgehoben mit der Begründung „das macht man im Restaurant auch so”… Geschmeckt hat es trotzdem. Und weil wir heute drinnen aßen, spielten wir nach dem Abwasch verschiedene Spiele, weil wir zu faul zum Lagerfeuermachen waren.

Schokohäschen und Ostereier

Der Ostersonntag begann mit einem Frühstück, das auch Schokohäschen und Ostereier umfasste. Im Anschluss machten wir uns auf den Weg nach Konstein. Hier beginnt der Oberlandsteig. Zwei von uns hatten noch nie einen Klettersteig gemacht und so bot dieser eine schöne Möglichkeit, in diese alpine Spielart Einblicke zu bekommen. Erstaunlich wenige Menschen waren in diesem Steig unterwegs, der sich größtenteils im Wald bewegt und an jedem Felsen eine meist versicherte Steilwand mitnimmt. Technisch nicht besonders anspruchsvoll, kamen wir doch bei den Späßen mit der Gruppe voll auf unsere Kosten. Nach den Highlights liefen wir zum Zeltplatz zurück. Es war genügend Zeit, um am kleinen Bach zu entspannen oder auch zu baden.

In der Küche begannen bald die Vorbereitungen für das Ostermenü. Eine Suppe machte den Anfang, dann folgten Wraps mit Gemüse, Salat und Reis. Für die, die dann immer noch nicht satt waren, gab es Stockbrot am Lagerfeuer.

Eine große Putzaktion, die aufgrund der Unordentlichkeit der Gruppe vor uns mehr als notwendig war, schloss am nächsten Morgen unseren Aufenthalt auf diesem wunderschönen Platz. Nach einem Aufenthalt am Kletterfels „Asterix und Obelix” rollten wir auf den Fahrrädern nach Dollnstein. Vor Abfahrt des Zuges picknickten wir noch an der Altmühl, die uns aber zu dreckig zum Baden war.

Eine Stunde früher als geplant nahmen wir hier den Zug. Entspannt konnten wir umsteigen, unser Gepäck auf den Bahnsteig bringen; der Zug stand auch schon da. Nur ließen sich die Türen nicht öffnen. Erst kurz vor Abfahrt, als die Passagiere eines anderen Zuges zum Umsteigen an unseren Zug kamen, hieß es „Sesam öffne dich”. Chaotisch, aber dennoch routiniert verluden wir alles in den Zug. Unser Zeitvorsprung hatte uns nichts gebracht. Nach einem weiteren Umstieg in einen ähnlich vollen Zug erreichten wir unsere Heimatstadt Aalen aber dennoch pünktlich um halb sieben.

Experiment: Fahrrad, Zug, Klettern, Camping. Geht das?

Ein (für uns) großes Experiment ist zu Ende: Fahrrad, Zug, Klettern, Camping – geht das? Ja, es funktioniert! Doch es gehört Idealismus und Glück dazu. Günstiger wäre es mit dem Auto gewesen und bequemer auch, sofern man nicht in einen Stau gerät. Doch so begann das Abenteuer bereits mit der Anreise und wir können stolz darauf sein, auch ganz im Sinne der Nachhaltigkeit ohne Fahrzeug mit Verbrennungsmotor klargekommen zu sein. Eine Wiederholung einer solch komplikationslosen Ausfahrt ist beschlossene Sache.

Text: Andreas Sienz

Fotos: Elsa Franzl, Vera Sienz

INFO

Jugendzeltplatz Urdonautal: Buchung über naturpark-altmuehltal.de

Kletterführer Südlicher Frankenjura, panico Alpinverlag

Gruppen

24-Stunden-Jubiläumswanderung von Nürtingen nach Stuttgart

„Wandern macht gesund und glücklich”

„Wandern macht gesund und glücklich” war ein Thema von SWR4 im Mai dieses Jahres. Die Teilnehmer nach 24 Stunden gefragt, ob diese Aussage zutrifft, wäre die Antwort vermutlich folgende gewesen: „Nein”: was die Gesundheit betrifft, in Anbetracht der Blasen und geschundenen Füße. – „Ja”: aber bestimmt in Bezug auf das Glück.

Bei der Sektion Schwaben war der Gedanke aufgekommen, im Jubiläumsjahr eine 24-Stunden-Wanderung durchzuführen. Eine erste Ideensammlung erfolgte schon 2018. Florian Mönich und Laura Wiesner von der Geschäftsstelle, Matthias Kopp als Wanderführer und ich als Organisator mehrerer 24-Stunden-Wanderungen trugen unsere Vorstellungen vor. Fragen zur Strecke, zum Termin, zur Organisation und vieles mehr wurden diskutiert. Weitere Besprechungen folgten, bis endlich unser Konzept stand.

Planung und Wirklichkeit

Zwei Wanderungen wurden vom 30. zum 31. Mai 2019 angeboten – eine sollte in Calw, die andere in Nürtingen starten. Bis zum Ziel auf der Waldau in Stuttgart sollten möglichst viele Bezirke der Sektion Schwaben berührt werden. Aufgrund der großen Teilnehmerzahlen bei vergleichbaren Veranstaltungen legten wir eine Obergrenze von jeweils 50 Teilnehmern fest. Dass sich am Himmelfahrtstag nur 17 Teilnehmer in Nürtingen einfanden – die Tour von Calw aus wurde mangels Interesse abgesagt – war doch ziemlich enttäuschend. Und dies bei 32 000 Sektionsmitgliedern!

80 Kilometer in 24 Stunden

Ein prominenter Mitstreiter hatte sich angemeldet. Im Rahmen des Themas „Wandern macht gesund und glücklich” von SWR 4 marschierte Moderator Holger Bentzien mit und informierte die Radiohörer live über seine Eindrücke während dieser 24 Stunden. Eine Reportage über seine Erlebnisse kann im ­Internet abgerufen werden. Eine kostenlose Werbung für unsere Sektion.

Bei der Auswahl der Strecke waren mehrere Faktoren zu berücksichtigen. Ca. 80 km lang sollte die Tour sein, möglichst interessante Punkte angelaufen werden, viele Waldgebiete berührt werden und zu guter Letzt auch gut erreichbare Verpflegungsstellen eingebaut werden. Beim Blick auf die Wanderkarte zeigte sich schnell, dass das Ziel Stuttgart am wanderfreudigsten über den Schurwald erreicht werden kann. Leider ließen sich bei dieser Streckenführung ­viele Kilometer auf Asphalt nicht vermeiden, kleine und interessante Albtraufwege führen nun mal nicht nach Stuttgart.

Kilometer 0: Start in Nürtingen

Um 10 Uhr am Himmelfahrtstag startete die Wanderung am Bahnhof in Nürtingen. Zwei Helfer unterstützten mich, Peter Vohmann und Steffen Zoller. Beide sind „alte” Hasen in Sachen 24-Stunden-Wanderung und machten die „Lumpensammler”. Schon zu Beginn wurde die Devise ausgegeben gemeinsam unterwegs zu sein, was öfters ein Einbremsen der Vorderleute zur Folge hatte.

Der Hoheneuffen war das erste Ziel. Bei einer ausgiebigen Rast wurde eine interessante Falknerschau geboten. Weiter ging es am Albtrauf entlang zum Brucker Felsen. Mit den verschiedenen Aussichtspunkten auf das Albvorland sicher einer der kurzweiligsten Abschnitte der gesamten Strecke. Über die Bürgerseen bei Reudern wurde das Freibad in Wendlingen erreicht.

Kilometer 63: Eine gute Fee wartet mit Kaffee und Bananen

Laura Wiesner hatte zwei Mann von der Baptistischen Pfadfinderschaft organisiert, die die Gruppe beim Abendessen mit einem leckeren Eintopf versorgten. So wieder zu Kräften gekommen, konnte über Hochdorf der steile Anstieg zum Schurwald in Angriff genommen werden.

Die aufkommende Dunkelheit hatte sich symbolisch auch auf die Teilnehmer gelegt. Gespräche verstummten, starrer Blick nach vorne, Füße automatisch bewegt, die aufkommenden Schmerzen so gut wie möglich ignoriert. „Eine verdammt zähe Angelegenheit”, so der treffende Kommentar eines Mitstreiters. Der Mensch ist eben kein nachtaktives Wesen. Morgens um 3 Uhr beim Jägerhaus die Erlösung: Laura, die gute Fee, reichte Kaffee, Bananen und Energieriegel. 63 Kilometer waren geschafft. Noch „läppische” 22 Kilometer bis zum Ziel.

Kilometer 85: Ankunft auf der Waldau

Vogelgezwitscher kündigte den aufkommenden Morgen an – und verlieh der Gruppe neue Kräfte. Über den Kernenturm wurde Rotenberg erreicht. Laura hatte mit ihrer Tochter zusammen schon ein Frühstück vorbereitet. Gestärkt wurde der muskelstrapazierende Abstieg nach Obertürkheim und der nicht enden wollende Hatsch zur Waldau angegangen. Nach 23 Stunden und 55 Minuten war das Ziel erreicht. 85 Kilometer und 1700 Meter im Aufstieg wurden dabei bewältigt. Von 17 Teilnehmern hatten sich 16 durchgekämpft – meine Hochachtung!

In der Geschäftsstelle wurde ein super Frühstücksbuffet kredenzt. Mein persönlicher Dank an Laura: ohne Deine Unterstützung wäre diese Tour nicht möglich gewesen.

Text: Hans-Jörg Weiss

Bilder: Carsten Heß, Hans-Jörg Weis und Laura Wiesner

Bezirksgruppe Kirchheim unter Teck

Viva la Grischa – mit Ski vom Julierpass nach Susch im Engadin

Manchmal brauchen Projekte etwas länger, bis sie endlich realisiert werden. Vor 30 Jahren starteten wir schon einmal zur Haute Route Graubünden. Doch das Wetter machte uns damals schnell einen Strich durch die Rechnung. Dann geriet diese Route bei uns etwas in Vergessenheit. Doch dieses Jahr war es endlich so weit. Nachdem der Meteo Schweiz im März eine stabile Hochdruck-Wetterlage ankündigte, war für uns die Zeit reif. Und es hat sich gelohnt, so lange zu warten!

Start zur Haute Route Graubünden

Los ging es an einem Mittwoch Ende März. Wir hatten uns für die erste Etappe eine Variante zum üblichen Zustieg zur Chamanna Jenatsch überlegt. Etwas südlich der Julierpasshöhe parkten wir die Autos und stiegen von der Alp Güglia mutterseelenallein durch eine landschaftlich äußert reizvolle Umgebung zur Fuorcla Margun auf. Von dort querten wir zur Fuorcla Traunter Ovas und nahmen dann auch gleich noch den Gipfel des Piz Traunter Ovas (3152 m) auf unserem Weg mit. Für uns Flachlandtiroler war das ein ganz schön herber Einstieg, wird die Luft in 3000 Meter doch schon etwas dünn. Doch nach einer aussichtsreichen Gipfelrast hatten wir wieder die Kraft, um die Abfahrt zur Chamanna Jenatsch genießen zu können.

Am nächsten Tag wollten wir bereits um „dreiviertel sechs” frühstücken, aber die schwäbischen Uhrzeiten sind in der Schweiz nicht so geläufig und daher einigten wir uns auf 6 Uhr. Für uns galt es, früh unterwegs zu sein, denn es stand die längste Etappe der Haute Route Graubünden auf unserem Plan. Mit Sonnenaufgang traversierten wir die steilen Hänge der Crasta Jenatsch und gelangten durch die große Mulde des Vadret Laviner zum Fuß des Piz Laviner. Zu Fuß ging es über den teils felsigen Grat zum Gipfel (3040 m). Mit der langen Abfahrt durch das wilde Val Mulix nach Naz war dann ein weiterer Höhepunkt unserer Skidurchquerung erreicht (1500 Höhenmeter). Unsere Mittagspause verbrachten wir am Bahnhof in Preda und fuhren anschließend mit dem Zug nach Madulain im Engadin. Hier warteten nochmals 900 Höhenmeter südseitiger Aufstieg zur Chamanna d’Es-cha auf uns. Der innere Schweinehund musste ganz schön überlistet werden – aber es hat sich gelohnt! Der Ausblick von der Chamanna d’Es-cha auf die Berninagruppe ist fantastisch.

Kann es noch besser werden?

Es kann. Die nächste Etappe führte uns über die Porta d'Es-cha zum Skidepot des Piz Kesch. Bei bestem Wetter und einer Handvoll Mitstreiter kletterten wir über steile Schneehänge und Felspassagen zum Gipfel (3465 m). Ein Traum – auch die anschließende Pulverabfahrt zur Chamanna digl Kesch.

Spätestens jetzt waren wir im Rausch der Haute Route Graubünden. Die vierte Etappe begann mit einer langen Abfahrt von der Chamanna digl Kesch zur Alp Funtauna. Über das versteckte und verträumte Vallorgia gelangten wir zum ­Fuße des Piz Grialetsch (3130 m). Der Rückgang der Gletscher hat hier alles verändert. Für den steilen ausgesetzten Aufstieg über die Südflanke hatte nur einer aus unserer Gruppe die Nerven, der Rest drehte doch lieber wieder um. Entschädigt wurden wir wieder mit einer traumhaften Pulverabfahrt zur Chamanna da Grialetsch.

Digitales Experiment in der Hütte

Letzter Sonntag im März, Beginn der Sommerzeit… die spannende Frage im Zeitalter von digitalen Hightech-Uhren ist: Stellen sich diese ohne telefonisches Funksignal von selbst um oder nicht? Wir machen ein Experiment. Eine Uhr wird manuell umgestellt. Gute Nacht – dann piepst irgendwann ein Wecker. In der Hütte ist es noch stockdunkel und still. Trotzdem macht der Uhrbesitzer sich daran, aufzustehen. Aber kein anderer aus unserer Gruppe reagiert. Erst als ein Uhrträger mit analoger Technik sich kurz umdreht und raunzt „Bleib’ liega, es isch erst halb fünf”, ist das spannende Experiment gelöst. Und noch ein Stündchen mehr Schlaf für alle drin.

Legendäre Abfahrt vom Piz Sarsura

Unser letzter Tag bricht an. Nochmals wartet ein Highlight auf uns. Die „legendäre” Abfahrt vom Piz Sarsura ins En­gadin. In der Morgendämmerung, es ist ja eine Stunde früher als bisher, geht es los: Wir steigen über den Vadret da Grialetsch zum Piz Sarsura auf. Die letzten Meter müssen zu Fuß zurückgelegt werde. Gegen 10 Uhr erreichen wir den Gipfel. Das Panorama ist unbeschreiblich. Von hier können wir nochmals unseren ganzen Weg Revue passieren lassen. Und dann liegen noch 1500 Höhenmeter Abfahrt vor uns, großteils im Pulver und der Schnee reicht fast bis zur Straße. Was für eine Hammertour!

Doch dann heißt es „ausgeträumt”. Abrupt kehren wir wieder in die Zivilisation zurück. Die drei Kilometer Fußmarsch im Sonntagsausflugsverkehr an der Straße nach Susch entlang erfordern unsere höchste Aufmerksamkeit. Per Zug und Bus, mit kurzem Intermezzo in St. Moritz, geht es problemlos zurück zum Ausgangspunkt. Wir sind halt in der Schweiz.

Eine sagenhafte Haute Route Graubünden liegt nun hinter uns. Das lange Warten hat sich mehr als gelohnt. Viva la Grischa!

Text: Regula Braun-Loehr

Bilder: Hannes Eckhardt, Diethard Loehr, Manfred Möbus

Bezirksgruppe Rems-Murr

Unser Ziel: Der schönste Berg der Erde – Alpamayo

Zehn Augenpaare starren vom Wilcacocha-See (3700 m) hinüber zur Cordillera Blanca. Gigantische 6000 Meter hohe Berge, mit Eis umpanzerte Flanken und Wände nehmen uns den Atem. Wir sind in den Anden angekommen! Vom 29. Mai bis zum 10. Juni 2019 war die Bezirksgruppe Rems-Murr in Peru unterwegs.

Eine kleine Akklimationstour auf knapp 4000 Meter unternehmen wir mit unserem peruanischen Tourenführer Ronald zum Aussichtspunkt oberhalb von Huaraz. Hier erholen wir uns von einer zweitägigen Anreise: S-Bahn – Flughafen Stuttgart – Amsterdam – Lima (12,5 Stunden Flug) – Transfer zum Busbahnhof und Nachtbus mit Liegesitzen in zehn Stunden nach Huaraz.

Coca-Tee: ein Getränk der Inkas zum Frühstück

Zum Frühstück gibt es Coca-Tee; er macht mutig und leistungsstark; ein alter Inka-Trunk aus dem Regenwald. Eine vierstündige strapaziöse Auffahrt auf Schotterpisten zur Laguna Paron (4200 m) wird entlohnt mit einer traumhaften Aussicht über den türkisfarbenen See zum Nevado Piramide (5885 m) und Nevados Chacraraju (6112 m). Ein einstündiger Aufstieg, langsam, eher sehr langsam, auf 4400 m zum Mirador dient der Höhenanpassung. Danach Rückfahrt zum Hotel und nur noch ein Wunsch: Schlafen, schlafen! Doch der Schlaf will sich allerdings nicht einstellen, denn die Höhe macht uns allen zu schaffen.

Start der Trekking-Tour

Unser dritter Tag beginnt um 6 Uhr früh am Ausgangspunkt: Cashapampa auf 2900 m. Hier herrscht geschäftiges Treiben. Die Ausrüstung wird auf zehn Mulis verpackt, festgezurrt und startet mit drei Treibern. Steil geht es durch eine Schlucht mit anschließendem schattigen Eukalyptuswald hinauf zur Laguna Ichiccocha auf 3850 Meter Höhe. Als wir nach fünf Stunden ankommen, sind die Zwei-Mann-Zelte, das Mannschaftszelt und das Kochzelt bereits aufgebaut. Zuerst einen Coca-Tee, dann Ausruhen und bei Dämmerung um 19 Uhr ist das Nachtessen zubereitet. Köstliche und farbenprächtige Reisvarianten mit Hähnchenfleisch regen den Appetit an. Unsere erste Zeltnacht, ungewohnt, kalt und schlaflos geht sie zu langsam vorbei!

Der schönste Berg der Erde: Alpamayo

Am Morgen um 6 Uhr ist das Wecken bei noch sternenklarer Nacht, um 7 Uhr Frühstück bei Tageslicht. Danach das Tal einwärts bis nach dem See Jatuncocha (3900 m), kurze Mittagsrast und auf
den Abzweig zum Zick-Zack-Weg zum Basiscamp Süd Alpamayo auf 4400 Meter Höhe. Dann, Alpamayo (5947 m): Der schönste Berg der Erde! Der Berg der DAV-Sektion Schwaben! Die Erstbesteigung erfolgte 1957 durch die Mitglieder unserer Sektion Günter Hauser, Bernhard Huhn, Frieder Knauss und Horst Wiedmann. Also: „unser” Berg! Der Anblick dieses Berges war auch eines unserer Ziele. Bei herrlichstem Bergwetter können wir die Flanken und Wände des Alpamayo mit Aufstiegsrouten bestaunen. Ein kleiner Querpfad, leicht abwärts, bringt uns zum zweiten Lager Tayapampa auf 4200 Meter. Heute waren wir 10 Stunden unterwegs und eine sternenklare Nacht machte uns das Schlafen dennoch nicht leichter.

Ein Kondor grüßt zum Geburtstag

Königsetappe über den Punta UnionPass, auf 4760 Meter ist für einige unter uns der höchste Punkt bis dato. Am Pass angekommen, schwebt ein Kondor über uns hinweg mit Geburtstagsgrüßen für unseren Frank. Es folgt ein steiniger ­Abstieg zum Morococha-See mit Mittagsrast und ein weiteres unendliches ­Absteigen zum Lager Camp 3 auf 3700 Meter. Heute waren wir 10 Stunden unterwegs und es wird für uns die erste erholsame Nacht.

Am nächsten Tag geht es noch vier Stunden angenehm nach Colcabamba (3350 m) und danach steil hinauf zur Bushaltestelle Vaqueria (3700 m). Der Bus steht bereits bereit, wir verabschieden uns von den Treibern und ihren Maultieren. Am Kiosk erfreuen wir uns an frischen und gekühlten Getränken. Auf einer Schotterpiste fahren wir zwei Stunden hoch zum Portachuelo de Llanganuco-Pass (4767 m). Hier stehen wir vor dem höchsten Berg Perus und dem fünfthöchsten Berg Südameikas, dem Nevado Huascarán (6768 m). Phantastisch, gigantisch! Mit einer fahrzeugschädlichen Abfahrt zur Laguna Orgonocca zum Camp 4 auf 3800 Meter Höhe geht dieser Tag zu Ende. Dann: Ausruhen, Regenerieren und Kräfte sammeln für die nächste Tour.

Unser höchster Gipfel: Nevada Pisco (5760 m)

Es folgt ein zehnstündiger Aufstieg zur Laguna 69 und weiter steil ausgesetzt hinauf zum Kondor-Pass (5000 m). Vier aus unserer Gruppe und der Rest den „direkten” Aufstieg mit vier Stunden bis Basiscamp auf 4600 m des Nevada ­Pisco. Hier gab es einen kurzen Schlaf; 23 Uhr Aufstehen, 24 Uhr Abmarsch. Im Schein der Stirnlampen in einem extremen Moräne-Steilhang hinab und balancierend durch ein Felslabyrinth und einen Moräne-Anstieg zum Gletscher-Einstieg auf 5200 Meter. Bis dahin waren wir schon knapp 4 Stunden unterwegs. Zwei von uns haben Höhenprobleme, einer will weiter. Aber die Vernunft sagt uns, dass der lange und Kräfte raubende lange Tagesabstieg bis auf 3800 Meter bedacht werden muss und die Umkehr ist die richtige Entscheidung.

Unser Jüngster, Reick, erreicht mit unserem Bergführer Josepe den Gipfel des Nevada Pisco (5760 m) auf bis zu 40° steilen Eisflanken um 6:30 Uhr kurz nach Sonnenaufgang. Die andere Seilschaft erreicht 5500 Meter. Die Gipfelmannschaft war um 12 Uhr zurück.

Herzlichen Glückwunsch zum Nevada Pisco!

Wir genossen das Mittagessen und die kurze Rast. Ein 900 Meter-Abstieg ins Camp auf 3800 Meter geht ordentlich in die Knie. Den erholsamen Schlaf haben wir uns verdient und gut gelaunt wird alles am nächsten Morgen auf zwei Kleinbusse verladen.

Eine erlebnisreiche Fahrt durch das Agrar-Hochland nach Huaraz zum Abschlussessen mit unserem Tourenleiter, den zwei Bergführern, sowie unseren Köchen und Helfern im Garten des Unternehmens Explorandes-Expeditions runden unser Unternehmen Anden/Peru für uns ab. Reich an Erfahrungen und Erlebnissen sind wir nach zwei Tagen Reise wieder in der Heimat angekommen.

Hermann Ritter

SAS Stuttgart

Skiausfahrt auf die Ulmer Hütte

Über die Osterfeiertage veranstaltete die SAS Stuttgart vom 20. bis 23. April 2019 ihre traditionelle Skiausfahrt. Wie in den Vorjahren war unser Ziel: die Ulmer Hütte in St. Anton am Arlberg.

Acht Skifahrerinnen, Skifahrer und Freunde der SAS machten sich am Sams­tagmorgen auf den Weg. Während sich die einen die Fahrt zum Skigebiet durch ein kühles Getränk versüßten und den Erzählungen lauschten, bereiteten sich andere bereits mental auf den bevorstehenden Streckenkurs vor.

Auf der Piste: Perfekte Bedingungen

Nach gut drei Stunden Fahrt kamen wir in St. Anton an und nach Abgabe des Gepäcks am Lift ging es voller Tatendrang auf die Piste, auf der perfekte Bedingungen auf uns warteten. Bei strahlendem Sonnenschein war auch der Schnee in gutem Zustand, weshalb man den Tag bis kurz vor Liftschließung auf Skiern verbrachte. Anschließend ging es direkt zum Après-Ski zur Ulmer Hütte. Hier konnte auf der Terrasse der wunderschöne Ausblick auf die Berge genossen werden. Abends saßen wir in gemütlicher Runde zusammen und ließen uns das hervorragende Abendessen schmecken.

500 Teilnehmer beim „Weißen Rausch”

Am Sonntagmorgen ging es nach dem Frühstück wieder auf die hervorragend präparierte Piste. Mittags kehrte die Gruppe dann für eine kleine Stärkung in eine idyllische Berghütte ein. Gegen 15 Uhr machte sich die Gruppe wieder auf den Weg zu Ulmer Hütte, um sich die besten Plätze für den am Abend bevorstehenden „Weißen Rausch” zu sichern. Es war ein einzigartiges Event, auf das sich alle freuten. Um 17:15 Uhr ging es dann los und etwa 500 Teilnehmer rasten in Abfahrtshocke an der Ulmer Hütte vorbei.

Im Liegestuhl das Bergpanorama genießen

Auch der Ostermontag zeigte sich von seiner besten Seite. Nach dem Frühstück ging es zügig auf die Piste, um die ersten Spuren in den Schnee zu ziehen. Wir orientieren uns in Richtung Rendl um auch dort die ganze Vielfalt der Pisten auszunutzen. Am frühen Nachmittag ging es zurück zur Ulmer Hütte, da an diesem Tag der Schnee leider unter dem (sonst angenehmen) Sonnenschein litt. An der Ulmer Hütte angekommen, legte sich die Gruppe mit einem kühlen Getränk in die Liegestühle und begeisterte sich an der Sicht auf das Bergpanorama. Abends servierte uns Sven, der Hütten-Chef, wieder ein bezauberndes 3-Gänge-Menü.

Am Dienstagmorgen konnten wir nach dem Frühstück noch einmal bei besten Bedingungen die ersten Schwünge in den Hang zaubern. Nach dem gemeinsamen Mittagessen in der Ulmer Hütte fuhren wir gemeinsam ins Tal ab, verstauten die Ausrüstung und das Gepäck in den Autos und die Heimfahrt konnte beginnen. Wir hatten vier schöne Tage mit bestem Wetter, super Schnee, eine gute Unterkunft und alle freuen uns jetzt schon auf die Ski-Ausfahrt 2020.

Daniel Graeff

Info: Ulmer Hütte (2288 m), St. Anton am Arlberg, www.ulmerhuette.at

Aus unseren Kursen

Mit Wildschwein im Paradies: Plaisirklettern im Tessin

Wir, sechs bunt zusammengewürfelte Frauen aus dem Stuttgarter Raum, machten uns über die Osterfeiertage auf den Weg ins schöne Tessin, um den Einstieg ins Mehrseillängenabenteuer zu wagen – begleitet von unseren beiden Klettertrainern Angelika Drucks und Walter Pritzkow und – nicht zu vergessen – einem schönen Stück saftigem Wildschwein, dessen große Stunde am Samstagabend schlagen sollte.

Unser Ziel war ein „kleines Paradies” in den Südalpen am Ufer der Maggia, der Camping Piccolo Paradiso. Nach der nicht ganz problemfreien Anreise über die Schweizer Alpenpässe mit Ankunft mitten in der Nacht, diente der Freitagmorgen der Akklimatisation und dem gegenseitigen Beschnuppern – und der Errichtung unseres Basislagers mit Outdoorschulungsraum, Freiluftkantine und beschlafbarem Materiallager.

Von Mittag bis beinahe Mitternacht dauerte unsere „Auftaktschlacht” mit Schlingen, Karabinern, Sicherungsgeräten und Knoten, die wir mit viel Biss und Spaß, aber auch einer anständigen Portion an Verwirrung führten – nur unterbrochen von einem ersten Ausflug an den Felsen von Avegno Torbeccio mit ersten Mehrseillängen und danach zur Belohnung Walters legendärem Eintopf.

Auf diese Weise bestens vorbereitet, sollte der Samstag dazu dienen, Freundschaft mit den Tessiner Platten zu schließen und Standplatzbau sowie Abseiltechniken zu automatisieren. Also ging es auf nach Ponte Brolla an die Rovine del Castelliere und immer wieder die sonnigen Platten rauf und runter, bis auch der letzte Knoten saß und beide Klettertrainer gut durchgegrillt waren. So verdienten sich alle die dann folgenden Genussstunden mit Auftakt im Grotto America und Finale Furioso rund um den Holzkohlegrill. Mit Wildschweingyros al Walter wurden ganz neue Maßstäbe für die Sektionsarbeit gesetzt, denn unsere Trainer boten nicht nur Kletter-Know-how und alpine Erfahrung, sondern auch exquisite Outdoorküche mit Erlebniscooking.

Auf den aufregenden Abend folgte ein aufregender Tag: Jetzt sollte das Erlernte angewandt und die erste längere Tour bewältigt werden. In drei Seilschaften machten wir uns an der Placca di Tegna ans Werk. Reibungsplatten, Schlüsselstellen und der innere Schweinehund forderten zwar ihren Tribut, aber alle erreichten wohlbehalten den „Gipfel” und konnten dort Aussicht und Vesper genießen, bevor per Abseilautobahn der sichere Talboden wieder erreicht wurde. Ein erfahrungs- und erlebnisreicher Tag mit unvergesslichen Eindrücken für alle Beteiligten, den wir mit Wildschwein, Spaghetti und Rotwein angemessen abschlossen.
Unser letzter Tag im Tessin – der letzte regenfreie Tag. Glück muss man haben – auf in die Wand! Und dieses Glück genossen wir an der Placca di Maoph in direkter Nachbarschaft der Speroni di Ponte Brolla. Ausgefeilte (Bar-)Fußtechnik, erste Routine und die passende Routenauswahl für alle führten dazu, dass die ganze Mädels-Truppe den Kurs mit einem Erfolgserlebnis und vielen wertvollen Eindrücken und Erfahrungen abschließen konnte. Vielen Dank an die Geduld und Gelassenheit von Angelika und Walter, ihre vielseitigen Tipps und ihr persönliches Engagement!

Text: Katja Blocher, Fotos: Teilnehmer/innen, Angelika Drucks